HARTMANN


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Phoner vom 16.08.05
Interviewpartner: Oliver Hartmann (voc.)

Homepage:
www.oliverhartmann.com

F-R:
Hi Olli, zunächst mal eine Frage, zu der ich eigentlich so gar keine richtigen Statements gelesen habe, die mich jedoch brennend interessiert. Du warst bis 2003 noch Sänger bei At Vance. Wie kam es zu deinem Ausstieg dort?

Olli:
Die Band habe ich schon 2002 nach der "Only Human"-Tour verlassen, wo wir europaweit unterwegs waren. Es hat aber auch vorher schon ein ordentlich gekriselt und das hatte hauptsächlich persönliche, weniger musikalische Gründe. Die Zusammenarbeit zwischen Olaf (Lenk, git.) und mir hat einfach nicht mehr funktioniert, was sich schon über einen längeren Zeitraum angebahnt hat und leider immer schlimmer wurde. Ich hab mich dann letztlich dazu entschlossen die Band zu verlassen, um dem Streit ein Ende zu setzen und dem Ganzen aus dem Weg zu gehen. Ich sag mal, es war einfach keine Zusammenarbeit mehr möglich und wirkliche Zusammenarbeit gab es im Vorfeld schon immer relativ selten, leider auch was das musikalische anbelangt. Obwohl wir beide eigentlich At Vance gegründet haben, war es doch immer mehr das musikalische Baby vom Olaf und für mich war es da schwierig wirklichen Einfluß zu nehmen, was das Songwriting, die Texte und natürlich generell die Bandpolitik anbetrifft. Ich sehe es halt immer so, dass zwei Köpfe immer mehr bewegen können als einer, aber manche Leute verfallen leider sofort in meist unnötiges Konkurrenzdenken. Als ich feststellen musste, dass sich daran auch nichts mehr bewegen ließ, habe ich mich dann lieber zurückgezogen, als mir Magenschmerzen zu holen. Sagen wir es mal so. Mit Sicherheit hat aber auch die Tatsache eine Rolle gespielt, mich nach dem Ausstieg auch 100%-ig um mein Solo-Projekt kümmern zu können. Das waren einfach die beiden Hauptbeweggründe, um aus der Band auszusteigen. Besonders chade ist, dass die Songs, die auf At Vance Platten von mir waren -auch wenn das leider nur eine Hand voll ist- den Fans mehr als gut gefallen haben. Von daher waren viele Dinge für mich unverständlich, aber da ging es wohl nun mal eher um finanzielle Interessen und Egoprobleme, als um die Sache selbst.

F-R.:
At Vance haben „The Evil In You“ mit  Mats Leven am Gesang veröffentlicht. Dieser CD liegt eine Bonus CD bei, bei der du ebenfalls drei Songs eingesungen hast. Wie erklärt sich das?

Olli:
Das war im Prinzip damals ein Special Agreement zwischen der Plattenfirma AFM Records und mir bzw. At Vance, damit ich die Band verlassen konnte, obwohl ich noch einen gültigen Vertrag hatte. So ist die Limited Edition ein Bonus für die Fans als Übergang vom alten Sänger Oliver Hartmann zum neuen Sänger Mats Leven, wo eben auf der zweiten CD noch mal ein paar Titel mit bzw. von mir drauf sind. Nennen wir es mal einen sanften Abgang bzw. Übergang. Es ist natürlich irgendwie seltsam, wenn genau die Scheibe, mit der ich eigentlich kaum mehr etwas zu tun hatte, mehr Songs von mir enthält als je zuvor(lacht). Aber… nun gut, mich hat’s gefreut, dass sie doch noch veröffentlicht wurden und nicht in meiner Schublade gelandet sind, zumal die Resonanzen auf die Songs sehr positiv waren. Damit war das Thema At Vance für mich eigentlich auch abgeschlossen. Mehr als unschön war allerdings, dass auf „The Evil in you“ ohne Absprachen oder Zustimmung meinerseits einfach meine Chöre von der Vorproduktion für einige andere Songs mit Mats benutzt wurden. Das ist aber leider schon wieder ein anderes Thema. Lass uns lieber über aktuellere Dinge reden.

F-R.:
Kommen wir mal zu deinem Solo-Debüt „Out in the Cold“. Du schlägst hier gesanglich und musikalisch fasst eine komplett andere Richtung ein. Gefühlvoller Hard bzw. Melodic Rock ist jetzt bei dir angesagt. Nur ein Versuch oder wird das deine neue Stilrichtung werden?

Olli:
Obwohl ich musikalisch gesehen schon viele verschiedene Dinge in meinem Leben gemacht habe, kannten mich die meisten Leute bisher nur von Bands wie At Vance oder Rock-/Metal Opern wie Avantasia oder Genius, die ja ganz klar in Richtung Metal gehen. HARTMANN soll aber keinesfalls nur ein einmaliger Versuch sein, sondern ein neuer Abschnitt, wo ich sage: Ok, ich löse mich im Prinzip von sämtlichen Stilrichtungen, egal ob Metal, Rock oder Pop, und versuche einfach möglichst frei genau das musikalisch umzusetzen, was mir am nahesten liegt. So ist „Out in the cold“ einerseits die Verarbeitung meiner musikalischen Einflüsse der 70/80er-Rockbands wie Journey, Survivor, Kansas, Whitesnake, AC/DC, Free, u. s. w., aber kombiniert mit modernen Elementen, zeitgemäßeren Arrangements und logischerweise auch mit meinen Einflüssen von heute. Eigentlich ein Mix aus all dem, was mir gut gefällt, was mir gut liegt und wo mein Herzblut dran hängt. Es war mir wichtig mit HARTMANN ein Soloprojekt an den Start zu bringen, hinter dem ich 1000%ig stehen kann und was musikalisch möglichst vielfältig ist, obwohl natürlich in den Medien oder bei Fans viele Sachen schnell in Sparten gesteckt werden. Mir war es wichtig, musikalisch alles ein bisschen offen zu lassen, auch wenn es im allgemeinen als Melodic Rock betitelt wird und dann natürlich mit Bands aus diesem Bereich verglichen wird.

F-R.:
Wann kam dir der Gedanke zu „Out in the Cold“? Hat das evtl. was mit den Rockoper Projekten „Genius“ und „Aina“ zu tun, bei denen du auch als Gastsänger fungiert hast? Bei Tobi Sammet’s Avantasia war deine härte At Vance Gangart ja noch gefragt.

Olli:
Das hat natürlich alles eine Rolle gespielt, denn nach At Vance und allen anderen Projekten, die Du bereits genannt hast, war es einfach an der Zeit, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Die Idee zu „Out in the Cold“ bzw. einem wirklich eigenen Soloprojekt ist eigentlich entstanden, nachdem ich bei At Vance ausgestiegen war und einfach wieder einen freien Kopf hatte. Ab da konnte ich mich 100%ig um mein Soloprojekt kümmern und hatte dann eben auch verstärkt angefangen, Songs für das Ganze zu schreiben, möglichst unvoreingenommen und unabhängig davon, was dann am Ende dabei rauskommt. Klar war nur, dass es eher in Richtung Rock/Hardrock gehen wird und ich mir einfach alles an Songs und Ideen von der Leber geschrieben habe. Das war ein Prozess von zwei Jahren, wo ich konkret und konsequent dran gearbeitet habe. Da ich durch die Produktion von Empty Tremor und Genius schon vorher mit Frontiers Records in Kontakt stand, ging der Deal relativ schnell über die Bühne, da sie grosses Interesse an meinem Material hatten und sich als Label am geeignetsten erwiesen.

F-R.:
Auf deinem Debüt hast du ziemlich viel selbst eingespielt. Deutet das mehr auf ein Projekt hin oder möchtest du „Hartmann“ als Band sehen bzw. platzieren?

Olli:
Es soll auf keinen Fall nur ein Projekt neben vielen anderen Sachen sein, sondern wirklich mein Hauptthema für die nächsten Jahre bleiben. Natürlich habe ich bei der Produktion neben Gesang und Gitarre erstmal so viele Parts wie möglich selbst eingespielt und versucht, meine Ideen soweit wie möglich schnell umzusetzen. Das meiste entsteht einfach direkt beim Songwriting und man sagt: o k, ich kann jetzt nicht mal schnell einen Keyboarder anrufen, ob er gerade jetzt Zeit hat für ein paar Akkorde. Schliesslich macht man es dann eben erstmal selbst. Langfristig soll es aber die Form einer wirklichen Band annehmen, bei der auch die musikalischen Ideen der Mitmusiker mit ins Boot kommen. Ich bin völlig offen für alles, was da in Zukunft kommt. Neben Mario Reck (2.Gitarre) und Dario Ciccioni(Drums), der auch bereits bei Khymera und Genius getrommelt hat, ist die Live-Besetzung für HARTMANN mit Jürgen Wüst (Keyboards) und Armin Donderer(Bass) zum Teil auch dieselbe, die im Studio gespielt hat.

F-R.:
Deine Lyrics lesen sich durchweg sehr persönlich. Hast du hier selbst erlebte Lebenserfahrungen bzw. –situationen verarbeitet?

Olli:
Es ist durchaus gemischt. Es gibt auf der einen Seite Texte, die sehr persönliche Dinge und Erfahrungen von mir und meinem eigenen Umfeld verarbeiten und andererseits welche, die sagen wir mal, rein fiktiv sind, zu denen du aber eine Gefühlsebene herstellen kannst. Man schaut sich in der Welt um und verarbeitet musikalisch und textlich das, was direkt mit einem oder um einen herum passiert. Oder eben auch, dass man vielleicht ein Buch liest bzw. einen Film sieht, was dich wiederum auf eine Story über irgendein Thema bringt. Es kann das oder das sein. Generell ist mir nur wichtig, dass ich zu dem, was ich schreibe, auch eine emotionale Verbindung finde, die ich zum Hörer transportieren kann, selbst wenn es vielleicht keine direkte persönliche Erfahrung von mir ist.

F-R.:
Auch bei der Produktion der Scheibe hast du selbst Hand angelegt. In wie weit hast du dir da die Arbeit mit Sascha Paeth und Philip Colodetti geteilt?

Olli:
Es war so, dass der Großteil der Produktion im Studio bei mir zu Hause schon gestanden hat, bis auf die richtigen Drums, die Bodo Schopf (MSG, UFO) dann nachträglich in seinem Studio in Stuttgart eingespielt hat. Dort haben wir auch die meisten Basstracks nochmal neu aufgenommen. Allerdings ist es schwer, bei eigenen Produktionen absolut objektiv zu bleiben, so dass ich für den Mix noch jemand an meiner Seite haben wollte. Sascha Paeth kannte ich aufgrund der Zusammenarbeit bei At Vance schon sehr gut und kam mit ihm nicht nur musikalisch, sondern -was mir sehr wichtig war- auch persönlich immer super klar. Ihm gefielen die Songs und er hatte einfach grosses Interesse daran, die Sachen mit mir zusammen zu mischen und zu produzieren. Dabei ist das Witzige: Metalsänger produziert mit Metalproduzent eine Rockscheibe (lacht). Das war für manche Leute von aussen betrachtet vielleicht ein bisschen komisch, hat aber bestens geklappt und würde ich auch jederzeit gerne wiederholen. Philip Colodetti ist in Sachen Produktion sein Co-Partner, der bei Recording und Mix für das Album geholfen hat. Ebenso Miro, der bei einigen Songs noch ein wenig an meinen Streicherarrangements gefeilt hat. Alles in allem war es ein wirklich gutes Team und trotz wenig Zeit hat es super geklappt, so dass ich absolut zufrieden mit der Produktion bin.

F-R.:
Mit Frontiers hast du dir auch gleich ein Label gesichert, das gerade im Hardrock Sektor viele Bands unter Vertrag hat. War das dein Wunschlabel oder gab es keine andere interessante Alternative?

Olli:
Wunschlabel und Alternativen gibt es natürlich immer, aber Frontiers war das Label, was am meisten Interesse gezeigt hat und wo auch die Verhandlungen am zügigsten gingen. Es war natürlich für mich auch eine schwierige Entscheidung nicht zu einem deutschen Label, sondern zu einem ausländischen zu gehen, aber letztendlich war es für mich das Richtige. Frontiers leistet sehr gute Arbeit und hat sich jetzt wirklich auch für die erste Scheibe ziemlich ins Zeug gelegt, auch was die Promotion betrifft. Jetzt sind wir natürlich noch am feilen mit der Live-Komponente, was für Frontiers eher Neuland ist, weil sie bisher doch eher ein Label für gestandene Acts waren, welche natürlich auch ihre langjährigen Bookingagenturen haben und sich die Plattenfirma selbst nicht mehr drum kümmern muss. Wir sind jetzt gerade noch am verhandeln, wie es im Herbst und im Winter mit einer eventuellen Tour aussieht. Generell bin ich mit der Arbeit von Frontiers sehr zufrieden und vor allen Dingen gibt es mit allen wichtigen Ansprechpartnern dort einen wesentlich persönlicheren Kontakt als bei grossen Labels.

F-R.:
Neben „Hartmann“ bist du auch noch beiden Bands „Echoes“ und „Tuned“ aktiv. Um welche Bands handelt es sich hier?

Olli:
„Echoes“ ist eine reine Pink Floyd Tribute Band, die mittlerweile auch europaweit unterwegs ist. Es läuft sehr gut und macht viel Spaß, zumal ich auch ein großer Pink Floyd Fan bin und da eben die reizvolle Aufgabe habe, Sänger und Gitarrist zu sein. Das schöne ist, dass es wirkliches Fanpublikum mit musikalischem Interesse gibt, die zu jedem Gig kommen und uns auch nachreisen. Alle anderen Projekte wie z. B. „Tuned“ oder „Stone Free“ sind dann eben doch Sachen wo in der Regel zwei, drei oder vier Mal im Jahr gespielt wird, was einfach so ein bisschen mehr nebenbei läuft. Es ist aber schön immer ein bisschen Abwechslung zu haben. Von eigener Musik alleine leben zu können ist sehr schwierig und deshalb bin ich auch froh, dass ich mit diesen Sachen eben doch meine Brötchen verdienen und mein Kühlschrank voll machen kann (lacht).

F-R.:
Gerade mit „Echoes“ bist du live recht viel unterwegs. Was dürfen wir von „Hartmann“ hier in diesem Jahr noch erwarten? Bleibt es bei Einzelshows wie z. B. dem Charity „UNION for Children“ oder ist die eben schon angesprochene Tour schon etwas konkreter, falls du schon was dazu sage darfst?

Olli:
Momentan gibt es erst vereinzelte Dates verteilt über die nächsten 2 – 3 Monate. Das nächste HARTMANN-Konzert wird aber jetzt am 09.09. in Radheim (bei Schaafheim) mit Vorband stattfinden, danach am 25.11. in Babenhausen zusammen mit UNION und dann wird es noch ein Gig am 23.12. auch mit Support im Colos-Saal in Aschaffenburg geben. Wir sind jetzt gerade in Planung für eine Tour im späten Herbst/Anfang Winter, allerdings ist das noch zu unkonkret um mehr darüber zu sagen. Aber ihr könnt mir ja auf jeden Fall mal die Daumen drücken, dass es klappt.

F-R.:
Stehen in naher Zukunft wieder Rockprojekte an, wo man dich auch hören wird?

Olli:
Gerade jetzt ist der dritte Teil der Rockoper „Genius“ von Daniele Liverani (Empty Tremor) in der Mache. Es werden wie immer einige bekannte Sänger vertreten sein, wobei ich wie beim zweiten Teil auch wieder die Produktion der Chöre beisteuern werde. Alles andere steht erstmal offen, auch damit ich mich in nächster Zeit vorrangig auf mein eigenes Projekt konzentrieren kann. Es ist nicht gerade einfach, sich quasi als One-Man-Show um alles zu kümmern, d. h. Booking, Promotion, Band u. s. w. und nebenbei am besten auch noch schnell mal ein paar Songs für eine neue Platte zu schreiben (lacht). Ich hoffe, dass ich mit HARTMANN noch Ende dieses Jahres touren kann und alles andere wird sich denke ich ergeben.

F-R.:
Auch an dich unsere obligatorische Pleiten, Pech und Pannen Frage. Kannst du mal was Lustiges und Unveröffentlichtes von einem Gig oder aus dem Proberaum zum Besten geben?

Olli:
Jetzt bin ich am überlegen, ob mir was einfällt. Ich habe ein sehr schlechtes Gedächtnis (lacht), das muss ich mir immer vorhalten. Mir fällt zur Abwechslung mal was lustiges zum Thema At Vance ein. Es gab mal eine Aufnahme Session bzw. einen Mix, der morgens um 09.00 oder 09.30 Uhr stattfinden sollte. Ich hatte allerdings am Abend davor einen langen Gig, hab verpennt und kam dann natürlich viel zu spät. Olaf war daraufhin so sauer, dass er meinte, er würde mit mir gerne mal einen Boxkampf machen. Ich habe mir das dann so bildlich vorgestellt, wie er im Boxring mit seinem 190 cm gegen den Sänger mit 170 cm antritt. Da mussten wir dann eigentlich beide lachen und haben es doch bleiben lassen.

F-R.:
Der Schlusssatz gehört jetzt wieimmer meinem Interviewpartner. Deine Worte an Fans und neugierig gewordene sindjetzt gefragt.

Olli:
Ich möchte natürlich alle Leser von FFM-Rock grüßen und auchalle Fans von HARTMANN. Mit Sicherheit wird es in Zukunft noch mehr Live-Dates geben und ich würde mich sehr freuen, dort dann auch den ein oder anderen Leservon euch zu sehen.

Danke für das Interview und allesGute für die Zukunft!
Mike von FFM-Rock

© Foto by Hartmann

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