JORN - Over The Horizon Radar

06 jorn

VÖ: 17.06.2022
(Frontiers Music)

Genre: Heavy Rock

Homepage:
JORN

Ob es an der Pandemie gelegen hat, der Mann kürzer treten will, oder er sich die Kritik an seiner Überpräsenz gerade zu Beginn des letzten Jahrzehnts zu Herzen nahm, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Fakt ist nur, dass es tatsächlich fünf Jahre her ist, dass Jorn Lande eigene neue Songs veröffentlicht hat. Auf „Life On Death Road“ folgte nur das dazugehörige Livealbum, sowie vor zwei Jahren der zweite Teil seines „Heavy Rock Radio“. Lediglich mit ein paar Beiträgen zu Projekten wie AVANTASIA oder PENTAKILL machte er auch sich aufmerksam. Umso gespannter durfte man sein, was er auf „Over The Horizon Radar“ abliefert.

Gegenüber seinem Livepackage hat er wenig im Line-Up verändert, wobei sich das ja deutlich von dem der letzten Studioscheibe unterschied, die von der Achse Beyrodt/Sinner eingespielt wurde. Drummer Francesco Jovino ist das einzige Überbleibsel aus jener Produktion, Alessandro DelVecchio ist bei fast allen Frontiers-Produktionen zu finden. Da verwundert es wenig, dass mit Nik Mazzucconi ein weiterer Italiener mit dabei ist, bei den Gitarren ist Adrian SB die Unbekannte, während Tore Moren JORN schon länger begleitet.
Er macht sich auch bei den Riffs bemerkbar, die oft schwer daher kommen, den Begriff Heavy Rock nimmt die Truppe verdammt ernst. Vorbei sind die Zeiten, als Alex Beyrodt eine WHITESNAKE-Schlagseite einbringen konnte, die knalliger arrangiert war. Den Auftakt macht der Titelsong, der im Intro zäh bleibt, dann jedoch die Riffs ordentlich sägen lässt. Der hymnische Chorus lebt von der Ausnahmestimme des Norwegers, ebenso die kraftvolle Bridge. Auch in dem atmosphärischen Mittelpart weiß er sein Timbre genau einzusetzen und Spannung aufzubauen.

In der Folge bleibt der Schuster bei seinen Leisten, die dunklen Stimmungen hebt er mit seinem Organ, das wunderbar nuanciert und viel Power ausstrahlt. Oft geht er dazu über ein getragenes Intro einzubauen, wie bei „My Rock And Roll“, in dem der Bass in der Strophe prominent ist, während im Refrain die Drums schön donnern. Die Herangehensweise lässt an das große Vorbild DIO denken und tatsächlich nähert sich die „Ode To The Black Nightshade“ dem Großmeister verdächtig. Wie die Nummer plötzlich wuchtig aus der getragenen Tonlage wuchtig steigert und so Weiten öffnet, ist wirklich ganz im Sinne der Legende.

Zum Glück belässt es JORN nicht dabei, sondern versucht das Spektrum ein wenig zu erweitern, ohne den Faden zu verlieren. „One Man War“ flirtet ganz unverhohlen mit dem Melodic Rock, Leadfanfaren zu Beginn, eine zurückgenommene Strophe und ein großer Chorus sind die typischen Bausteine, die gut aufeinander geschichtet werden. Melodisch geht es auch im abschließenden „Faith Bloody Faith“ zu, mit dem sie in anderer Fassung am Melodi Grand Prix teilnahmen. Ob es an der orientalischen Note lag, dass sie ihr Land damit nicht vertreten durften, lässt sich rückblickend schwer sagen.

Wo der Mann bei seinen Coverscheiben gerne Klassiker der Siebziger in ein Achtzigergewand hüllt, geht er hier den umgekehrten Weg und tendiert phasenweise zu siebzigerlastigen Kompositionen. „In The Dirt“ kracht zwar mächtig los, hat dann aber in der Strophe coole psychedelische Spielerein zu bieten. Da machen sich ein paar Twin-Leads ganz prima, die der alte Weggefährte Moren und Adrian SB gut hinbekommen. Das halbclean gespielte Riff von „Believer“ könnte von LED ZEPPELIN stammen, umso ungewöhnlicher ist die Orgelbegleitung dazu.
Nicht nur auf den Spuren der Vergangenheit weiß „Over The Horizon Radar“ zu überzeugen, „Black Phoenix“ nimmt auch eine etwaige Zukunft vorweg. Die Drums im Marschtakt, die Riffs aus dem RAMMSTEIN-Fundus, die Keyboards zeitgemäß symphonisch ist das eine der ungewöhnlichsten Stücke der Karriere. Dass das alles zusammen findet, ist dem allgemein kraftvollen und präzisen Spiel, der druckvollen Produktion, sowie der unverkennbaren Stimme von Jorn Lande zu verdanken.

8 / 10

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.