MALLEUS - Your Nightmare Calls (Golden Core/ZYX)

Während jede Woche perfekte Neuerscheinungen, glattgebügelt mit moderner Studiotechnik, den Markt belasten, muss man das Besondere regelrecht suchen. Bands, die ohne kommerzielles und stilistisches Kalkül einfach eine ungewöhnliche Musik und einen nicht alltäglichen Sound fabrizieren, findet man selten, oder eben im Underground.

Bei Malleus weiß man gar nicht, wo man anfangen soll…
Technisch gesehen haben wir es mit einer NWOBHM-Band zu tun. Als Bassist Andro Coulton 1980 Witchfynde nach einem Album und zwei Singles verließ, gründete er mit seiner damaligen Freundin, heute Ehefrau Shaz, Malleus. Drei Stücke wurden aufgenommen, bevor man sich wieder trennte. Das Material blieb unveröffentlicht und ist nun als Bonus auf dieser CD zu finden. Ein Song wie „White Noise“ könnte problemlos auf einem frühen Pentagram-Album stehen.
Dass Andro das Instrument Bassgitarre ganz anders sieht als die meisten anderen seiner Kollegen, konnte man bei Witchfynde noch nicht hören. Bewaffnet mit dem Effekt „Octaver“ wird dieses gerne nur im Hintergrund brummelnde Instrument in die Lead-Position gerückt, während die Gitarre fast schon die ursprüngliche Rolle der Bassgitarre einnimmt, verbunden mit einem Klangteppich, der Keyboards oder eine Orgel unnötig macht. Damit haben Malleus bereits ein Alleinstellungsmerkmal.
Doch damit nicht genug! Stilistisch schlägt man in eine Kerbe, die mit NWOBHM oder 70s-Hardrock nicht ausreichend beschrieben ist. Erinnerungen an die härteren Tracks von Hawkwind und dem Garagenrock der Stooges schwingen ebenso mit, wie eine Doom Metal-Ästhetik, wobei die bereits erwähnten Pentagram erneut genannt werden müssen. Dabei liegt der Gesang irgendwo zwischen Scott Reagers (Saint Vitus), NWOBHM und Iggy Pop. Verpackt in eine authentische, gnadenlos ehrliche Produktion, die man lieben oder hassen darf, entsteht hier ein Klangbild, welches junge Retrobands verzweifelt zu erzielen versuchen. „Primitiv“ als positives Wort für den Sound zu nutzen ist in diesem Fall möglich, darf aber auch durch „unverfälscht“ ausgetauscht werden. Ein Polarisieren ist ebenso vorprogrammiert und das interessiert die Bandmitglieder herzlich wenig. Malleus klingen so, wie es aus den Menschen dahinter herauskommt, ähnlich wie einst bei Saint Vitus, die erst viele Jahre später eben für ihren Sound und Kompromisslosigkeit vergöttert wurden.
Unter dieser rauen Schale verbergen sich dennoch Hits, die man beim mehrfachen Hören nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Manchmal sind es nur kleine Facetten, die für diesen Wiedererkennungseffekt sorgen, sei es der Refrain von „Anthem For The Damned“ oder wie das Wort „Hellhound“ gesungen wird.
Egal ob es die Bandhistory ist, der Sound oder die Songs: Malleus gab und gibt es kein zweites Mal. Damit machen sie es sich nicht einfach und das ist auch gut so. Fans von Witchfynde werden sicherlich als Erstes ihre Fühler nach „Your Nightmare Calls“ ausfahren, doch dieses hochgradig verspätete Debüt umfasst gleich mehrere Subgenre und könnte Liebhaber von Doom, NWOBHM, Underground und Stoner Rock zusammenführen. Und es wäre fatal, wenn der Begriff „kult“ erst viele Jahre später im Zusammenhang mit Malleus und diesem Album genannt wird.

Album: Your Nightmare Calls
Label/Distribution: Golden Core/ZYX Music
VÖ: 03.07.2020
Features: Jewel Case (Crystal Tray), bonus tracks & booklet incl. the short story „Hellhound“

www.zyx.de

Quelle: Battle Production