Das SwedenRock bastelt weiter am stärksten Billing seit Jahren

Nicht dass es jemals ein schwaches oder auch nur durchschnittliches Line-Up beim schwedischen Vorzeigefestival gegeben hätte, gerade in der Hinsicht ist das Event immer top.

Aber in dem Jahr geben sich die Topacts nur so die Klinke in die Hand. Dazu ist das Programm sehr breit gefächert, zwar vornehmlich in traditionellen Beriech, aber werden alle Sparten von hart bis soft, von geradlinig bis frickelig abgedeckt. Kurz vor Weihnachten wurde noch ein weiterer Reigen an Bands bekannt gegeben die vom 07.-10. Juni 2023 im südschwedischen Sölvesborg auf der Bühne stehen.

Über DEEP PURPLE muss man keine Worte mehr verlieren, „Smome On The Water“ ist die Mutter aller Rockriffs und ihr Comeback 1984 wurde in Sachen Medienecho bis heute nicht übertroffen. Auch sonst hat man einiges zur Legendenbildung beigetragen, mit „In Rock“ den Hard Rock auf eine neue Stufe gehoben und sich auf „Stormbringer“ ohne Reibungsverluste dem Soul zugewandt. Bis heute ist die Truppe ein Schmelztiegel von Ausnahmemusikern, mit Simon McBride ist ein jüngerer Gitarrist an Bord gekommen, der noch einmal richtig Feuer entfacht.

Was DEEP PURPLE in den Siebzigern als Hitlieferanten waren, gaben in den Achtzigern EUROPE. Bei deren Heimspiel, wo 2004 auch die Reunion stattfand wird natürlich wieder richtig Stimmung in der Norje Bucht sein. Bis dahin soll ein neues Studiowerk erscheinen, worauf man nach dem schwachen „Walk The Earth“ gespannt sein kann. Auf jeden Fall geht die Band weiter und ruht sich nicht auf den Lorbeeren von „Carrie“, „Rock The Night“, „Superstitious“ und vor allem „The Final Countdown“ aus.
Überhaupt scheinen die Macher des Festivals sich im kommenden Jahr auf ihre Kernkompetenzen zu besinnen. Sorgen die schwedischen Überflieger schon für feuchte Träume bei Hairspray-Endorsern, kommt der Däne MIKE TRAMP über die Brücke und liefert einen Strauß Hits ab, die er einst in Los Angeles mit WHITE LION einzimmerte. Und wo die Achtzigervollbedienung so schön ist, dürfen SKID ROW nicht fehlen, die kürzlich mit „The Gang´s All Here“ ein Hammercomeback feierten. Ganz ohne Hilfe aus Skandinavien geht es auch bei ihnen nicht ab, auf der Scheibe schwingt der frühere H.E.A.T-Sänger Erik Grönwall das Mikro.

Da bleiben TNT direkt in ihrer Heimat, wo der Rock Glam Metal immer den Trends getrotzt hat wie ein bestimmtes gallisches Dorf den Römern. Neuerdings scheint Tony Harnell wieder dabei zu sein, der bei den zuvor erwähnten Jersey-Boys auch mal in Lohn und Brot stand. Und auch CHEZ KANE bekommt Schützenhilfe aus dem Land der Elche. Die britische Rockröhre bekommt ihre Songs von Danny Rexon auf den Leib geschrieben, gespielt und produziert, der von CRAZY LIXX her bekannt ist.

Weit weg sind da die Australier AIRBOURNE musikalisch nicht, auch sie setzen auf maximal krachende Rockriffs, die direkt in Nacken und Beine gehen. Dabei gehen sie nur deutlich erdiger zu Werke und ersetzen den Glamfaktor durch eine Menge Schmutz und Schweiß. Noch mehr back to the Roots und bluesiger geht es bei deren Landsleuten WOLFMOTHER zu, die schon Retro Rock gespielt haben als es den Begriff noch nicht gab. Dem Erfolg des selbstbetitelten Debüts läuft Mastermind Andrew Stockdale zwar weiter hinterher, was der Klasse keinen Abbruch tut.

Auf retro gebürstet war Dave Wyndorf schon immer, blubbernde Sounds hatte er ebenso massenweise im Gepäck. Doch mit Hard Rock hat er gar nichts am Hut, er fühlt sich in spacigen Gefilde am wohlsten. So wird er mit MONSTER MAGNET das Publikum ein paar Runden auf dem bunten Karussell drehen lassen. Gänzlich dem Blues verschrieben hat sich der US-Amerikaner CHRISTONE KINGFISH, der erst am Anfang seiner Laufbahn steht und hier seinen Einstand gibt.

Da kommen die Metaller fast zu kurz, wobei sie mit U.D.O. von einem weiteren Urgestein beliefert werden. Mit ACCEPT machte er sich einst einen Namen, die Solinger Formation gehört zu den wichtigsten Wegbereitern des Genres. Von denen hat er sich zwar weitgehend emanzipiert, doch selbst genug Kracher in der Hinterhand. Wo der German Tank auf rohe Ursprünglichkeit setzt, kontern die Tunesier MYRATH mit reichlich Opulenz. Die präsentieren sie auch in der Show und begeisterten 2019 so sehr, dass sie nach dem Ausfall von BEHEMOTH ein zweites Mal auf die Bühne durften. Für den modernen Anstrich des Billings sorgen dann die SLIPKNOT-Zöglinge VENDED.

Quelle: Rainer Petry