Der Colos-Saal, das Programm und die Frauen

Hallo Real Music Lovers, in all unseren Newslettern seit März 2020 haben wir versucht, Euch immer aktuell auf dem Laufenden darüber zu halten, was die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen zur Pandemiebekämpfung für die Bühnen des Landes und speziell für das Programm des Colos-Saal zu bedeuten haben.

Meist war es nichts Gutes. Damit ist jetzt Schluss! Ab heute soll es um angenehmere Themen gehen.

In diesem Mailing möchte ich beispielsweise über Frauen schreiben.
Und bevor ich jetzt gleich als Chauvi einen auf den Deckel kriege, will ich präzisieren: Es geht um Frauen in der bislang männerdominierten Bühnenwelt von Rock, Pop und Jazz.

In unserem Booking Büro stellen wir uns seit geraumer Zeit die Frage, warum bei uns auffallend viele Männer auf der Bühne stehen, Frauen dagegen eher selten. Buchen wir einseitig? Oder gibt es nur wenige Projekte von Musikerinnen? Auf jeden Fall haben wir uns vorgenommen, an dieser Unausgewogenheit zu arbeiten und künftig genauer zu recherchieren. Mit Erfolg! Unsere Booker, allen voran Matthias Garbe, haben gute Arbeit geleistet. Wir präsentieren in der nächsten Zeit auffallend viele Musikerinnen in Hauptrollen, auf die ich hier und heute besonders hinweisen möchte.

Beginnen wir mit Anika Nilles, die nach vielen Jahren erstmals wieder bei uns zu sehen sein wird, aber nun als Bandleaderin und Komponistin am Schlagzeug ihrer eigenen Band. Verrückte Geschichte: Anika stammt aus Aschaffenburg und hat vor vielen Jahren hier in lokalen Nachwuchsbands erste Meriten gesammelt. In der Zwischenzeit hat sie es während des vergangenen Jahrzehnts von ihrer Heimatstadt Aschaffenburg aus nicht nur in zahlreiche Polls und Charts geschafft, sondern auch an die Spitze des Drum-Departements der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim und in internationale Formationen wie zuletzt in die Live-Band von Jeff Beck (auf dessen letzter Welt-Tournee 2022 – kurz vor seinem plötzlichen Tod). Ihre Klicks auf YouTube gehen längst in die Millionen, auch weil sich die Menschen von der Wucht, Souveränität und Virtuosität mitreißen lassen, die Anika Nilles am Drumset vermittelt.

Eine ähnliche Karriere legt gerade die brasilianische Gitarristin Lari Basilio hin, die weltweit in Kennerkreisen auffällt. Gönnt sie sich doch auf ihren Alben erstklassige Studiomusiker wie Vinnie Colaiuta, Nathan East, Greg Phillinganes, Joe Satriani und Siedah Garrett, welche Laris virtuose Fähigkeiten in den Bereichen Rock, Funk und Fusion anerkennen und bereitwillig den Background liefern. In welcher Besetzung sie bei uns auftauchen wird, ist noch nicht ganz klar und eigentlich unwesentlich, denn Frau Basilio wird die Hauptrolle spielen und die in LA lebende Brasilianerin Poliana Magalhaes den Bass.

Angeblich hat kein Geringerer als Steve Vai die aus Ulm stammende Gitarristin Yasi Hofer entdeckt, die zum wiederholten Mal im Colos-Saal spielen wird. Stilistisch ist sie auf ähnlich anspruchsvollen Wegen wie ihre brasilianische Kollegin unterwegs.

Über die ehemalige Saxophonistin von Prince brauche ich sicher nicht mehr viel zu schreiben. Die Niederländerin Candy Dulfer führt als Chefin bereits seit etlichen Jahren ihre vielköpfige Band durch die Welt und wird mit ihren Powerfunk und einem neuen Album im Gepäck sicher wieder beide Abende ausverkaufen (siehe hier und hier. Hier ist im Übrigen auch das Vorprogramm, die Band Funky Times zu empfehlen. Im Zentrum des Geschehens ist eine junge Frau: Julia Lange aus Babenhausen hat eigentlich klassische Gitarre in Dresden studiert, kann aber auch umsatteln und spielt mit Funky Times zum Teil aberwitzig schnelle Grooves und Riffs.

Gleich zwei hochmusikalische Multiinstumentalistinnen und Sängerinnen gibt es bei Madison Violet zu erleben. Brenley MacEachern und Lisa MacIsaac beherrschen die volle Americana-Bandbreite von Folk bis Country, von Soul bis Blues und begeistern auch noch mit tollen Stimmen und zweistimmigem Gesang.

Einen Konzertflügel brauchen wir bei Vonda Shepard und der wird von der Schauspielerin und Sängerin höchstselbst bespielt. Vondas Rolle als Pianistin und Sängerin in der Lieblingsbar der Hauptfigur der Fernsehserie „Ally McBeal“ brachte den großen Durchbruch, in dessen Verlauf es etliche Auszeichnungen und Millionen verkaufter LPs zu vermelden gibt.

Die irische Band Billow Wood ist immerhin fast paritätisch besetzt und hat zwei tolle Musikerinnen am Start - Ciara O’Donnell (Vocals, Bodhran and Whistles) sowie Bríd O’Donnell (Vocals and Accordion).

Immer mehr Frauen kommen aus dem Genre Singer/Songwriter bzw. Pop auf die deutschen Bühnen, alle mit ihren eigenen Bands. Beispiele in unserem Programm: Lotte (spielte bereits gestern bei uns), Sarah Lesch zu sehen im März, Claudia Koreck kommt im November.

Zwei außergewöhnliche Projekte mit singenden Schauspielerinnen präsentieren wir im Aschaffenburger Stadttheater: Meret Becker kommt am 22. September und Jasmin Tabatabai am 21. Oktober – jeweils mit ihren eigenen Combos.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass immer mehr Musikerinnen auch in männlich dominierten Bands tragende Rollen spielen. Bei dem japanisch-niederländischen Doppelkonzert von Mono + Gggolddd sehen wir bei Mono die Bassistin Tamaki Kunishi das Fundament legen und bei Gggolddd die Frontfrau Milena Eva am Gesang. Brutus zeigt sich mit singender Drummerin.

Gleich drei Sängerinnen und Frontfrauen erleben wir bei Lou's The Cool Cats. Auch bei der Aretha Franklin Tribute Night sind es mit Jessica Born, Ina Morgan und Jessica Hoff gleich drei Frauen mit starken Gesangsstimmen, die die grandiosen Songs Arethas interpretieren. Außerdem haben wir noch eine Reihe von Bands, die mit gleich zwei Sängerinnen antreten, wie Onair, ABBA-Explosion (geht ja gar nicht anders), Yeah! und dort natürlich die famosen Oh-Yeahs, Chicahlgo und wenn ich mich nicht irre auch Heatwave.

Starke Frauen haben wir auch im eigenen Team. Hier in Aschaffenburg fällt beispielsweise unsere Kollegin Pamela auf, die auch eigene Veranstaltungen außerhalb des Colos-Saal organisiert. Unter dem Motto: "Starke Frauen - Konzertveranstalterin Pamela Dehniger rockt hinter der Bühne" hat die hiesige Zeitung Main-Echo einen Podcast mit ihr erstellt, in der sie über Rolle in der männerdominierten Bühnenwelt spricht.

Kommen wir zum Schluss auch noch kurz auf die Männer im Programm:
Zu den Highlights unseres Programms der nächsten Wochen und Monate gehören natürlich auch einige Combos mit reinen Männerbesetzungen. Allen voran das übertalentierte, schwedische Trio Dirty Loops, das es im Juni letzten Jahres bei ihrer Premiere im Colos-Saal tatsächlich geschafft hat, das Haus beinahe auszuverkaufen – in einer Zeit also – Ihr erinnert Euch vielleicht – als eigentlich im ganzen Land keiner mehr Karten gekauft hat. Für die Wiederholung im April erwarten wir großen Andrang von Kennern.

Wer Funky Grooves mag, soll sich vielleicht auch gleich mal um die Band D/troit kümmern, die unser Head of Booking Matthias schon lange jagt und nun an den Start bringt. Oder um Ray Greene, Posaunist und Sänger zunächst bei Tower Of Power (2013 bis 2016), im Jahr 2018 dann die Stimme von Santana auf seinen Tourneen.

Speziell „for real music lovers“ und auf allerhöchstem, musikalischem Niveau werden außerdem die Konzerte von Schlagzeugerlegende Simon Phillips sein, oder der Scott Kinsey Group (mit ihrem Tribute an Weather Report und Joe Zawinul), dem Dave Weckl / Tom Kennedy Project (da ist der nächste Schlagzeuggott am Start) und unseren südfranzösischen Freunden der Band Lazuli und ihrem unverwechselbaren Soundgewitter. Die oben bereits erwähnten Anika Nilles und Lari Basilio gehören auch in diese Kategorie – damit es nicht nur Männer sind.

Und sonst so?
Ihr habt ja oben schon gelesen, dass wir wieder eine Reihe vollbestuhlter Konzerte in unserem wunderschönen Aschaffenburger Stadttheater machen. Neben Jasmin Tabatabai und Meret Becker präsentieren wir dort die wunderbare US-amerikanische A Cappella Gruppe Naturally 7.

In Planung, aber im Moment noch nicht sichtbar auf colos-saal.de sind:
das Theaterkonzert von Stefan Gwildis (am 2.2.2024) und täglich warten wir auf die finale Zusage von Curtis Stigers & Band im kommenden September. Auch die Aschaffenburger Band Gegenlicht wird mit uns am 4. November ins Theater wechseln für ein besonderes Programm – davon in Kürze mehr.

Wir kooperieren sehr gerne mit dem Aschaffenburger Kulturamt und seinem Theater. Pro Saison werden wir künftig versuchen, etwa zehn Konzerte ins Stadttheater auszulagern – dazu gab es sogar einen einstimmigen Stadtratsbeschluss mit dem Hintergrund und Auftrag, neue Ziel- und Altersgruppen für das Theater zu finden und zu begeistern. Wir versuchen es ...

Wir sehen uns auf den Konzerten.
Herzliche Grüße von
Claus und Max Berninger sowie dem Colos-Saal-Team

Quelle: Colos-Saal