CATHEDRAL - The Last Spire
VÖ: 29.04.2013
(Rise Above Records)
Homepage:
http://www.cathedralcoven.com/
Kreativ war Lee Dorian's Truppe schon immer, wenn es um außergewöhnliche Songstrukturen ging. Statt einer lieblos wild zusammengewürfelten Best of, serviert der Fünfer verstärkt von Ex-DEATH/AUTOPSY/ABSCESS, später u. a. THE RAVENOUS/DOOMED-Drummer/Sänger Chris Reifert, eine wichtige Szenegröße im Todesblei-Genre, dessen knietief im Death-Metal verankertes Organ die Gastvocals zu „Cathedral of the Damned“ übernimmt, während Rosalie Cunningham (einst Sängerin der psychedelic Melancholic Kommerzgothicrockband IPSO FACTO, heute Bandleaderin des Okkultrockvierers PURSON) cleanen Backgroundgesang beisteuert. "The Last Spire" besitzt neben Psychedlic-Folk und traditioneller Metalanteile, elementar griffige 70er Hardrockanteile in Verbindung mit fettem 80er Doom, die sich gerade auf CATHEDRAL-Alben jüngeren Datums in deutlich progressivere Richtung entwickelten, ebenso seine kauzigen Stoner-Momente. Im düsteren, von Glockenschlägen und krächzenden Raben begleiteten Anfangsintro fühlt sich der Rezensent von solch intensiv-raumgreifender Düsterheimer-Mystik umgeben, gedanklich in die lausige Kälte und abgrundtiefe Dunkelheit im Kerker des Towers von London an einem kühl verregneten Nebelmorgen ins England vergangener Jahrhunderte zurück versetzt, - jenem berühmt berüchtigten, wegen seiner Härte gegenüber dortigen Gefangenen überall so sehr gefürchteten Gefängnis, welches der Legende zu Folge eines Tages zusammen mit dem Königreich fällt, wenn die Raben fort geflogen sind. „Entrance to Hell“ brilliert mit fettem Doomriff, danach geht’s fast zwölf Minuten durchweg nur in die Vollen! So fies, pechschwarz brutal riffend haben CATHEDRAL lange nicht mehr geklungen! Lee Dorians tiefes Organ erstreckt sich über ein immenses Spektrum inbrünstig zynischer Trauerklage und Gurgelnder Growls, ab Minute Sieben erfolgt ein Übergang, danach gerät die tonnenschwere Doomgroove-Walze mächtig in Fahrt! Gary Jennings Axt röhrt richtig schön hundsgemein dreckig heavy, wuchtig brachial klatscht das Schlagzeug, bis auch mein Schädel brummt! Orgelklänge, die parallel zum schweren Drumming von Brian Dixon stehend geschwärzte Sakral-Stimmung erzeugen, - Menschens'Kinner, - welch massiver Sound! Lee Dorian's Gesang kommt so reißerisch kraftvoll inbrünstig bissig, wobei man echt in Versuchung gerät, zu glauben, den Shouter jemals in besserer Verfassung erlebt zu haben, - und verdammt noch eins, genauso ist es! „Pallbearer“und „Infestation of Grey Death“ sind solche Epic-Hämmer, - eiskalte Gänsehaut pur! Dieses Album drückt dich gnadenlos ohne Vorwarnung mit der Brust gegen die Wand! Obwohl zwischendurch bezaubernd samtweich filigran melodische Akkustik-Brücken platziert wurden, lebt dieser brutale Schädelspalter in erster Linie von seiner ungemein heftigen Intensität, ausgelöst durch exzellent aufgetragene, unheilschwanger bedrohliche Düstersakral-Atmosphäre, zeitweise durch verträumte Psychedelic-Klänge gebettet in mystischer Stimmung angereichert. Selbst Feinfühliges mit Geige unterlegtes kommt effektiv zur Geltung; ebenso deutlich hinterlässt der Wechsel zwischen extrem abgedrehten -Progressive-Artrock-Synthie-Geschwurbel, (bezeichnenderweise an diverse Solowerke von Ex-YES-Synthesizer-Ikone RICK WAKEMAN erinnernd) und energisch Holzplatten zerfräßenden Sägeriffs (wovon „An Observation“ Beispiel gibt), seine Spuren. Spottendes Hohngelächter leitet dem Titel ausführlich Rechnung tragend „The Last Laugh“ ein, - wiederum sorgt die Gitarre für pure Zerstörung! Ein letzter dunkler Abschiedsgruß, - und was für ein Paukenschlag der englischen Kult-Doomer! Kein Wunder, das der Abgang dieser unverrückbaren Psychedelicdüsterdoom-Institution beim treuen Fanklientel (inklusive mir) eine riesige, (hoffentlich bald zu schließende!) Lücke hinterlässt. Dave Pratchet und Arik Roper sorgten mit gewohnt hochkarätigem Cover-Artwork, passend wie das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem „i“ für einen der Musik zur Würde gereichend glanzvollen Abgang, der nicht allein Anlass zur Trauer gibt, sondern im Gegenzug die Hoffnung nährt, das CATHEDRAL sich „nur eine Auszeit“ nehmen, irgendwann wieder auf der Bildfläche auftauchen und weiter machen... doch das geschätzte Doombangerschaft, wissen allein wohl nur die Sterne...
Mit einer schwer verdienten 10 von 10 sei dieser Edelperle des Abg(es)angs ehrenvoll gehuldigt.