VERZERRT - Richtung Unendlichkeit
VÖ: bereits erschienen
(Eigenproduktion)
Style: Punk / Rock / Metal
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Verzerrt
Auf einem Konzert bekam ich diese CD in die Hand gedrückt und bin völlig erstaunt. Nicht nur über das immense Maß an Vielschichtigkeit, auch der songwriterische Input der Musik stimmt. Kilometer weit entfernt vom handelsüblichen Deutschrockgedöns ballert, rockt und groovt mir eine auf sicherem Grundgerüst fußend energische Mischung aus Punk, Rock und Heavy Metal dem verstärkt Düster-Gothicgrundstimmung innewohnt, entgegen, die sowohl frühe Wurzeln als auch neueren Einfluss jüngeren Datums erkennen lässt. Abrupte Stimmungs- und Tempowechsel versehen mit aggressiven Geschwindigkeitseruptionen werden gekonnt mit akkustisch fesselnder Spannung und melancholischen Trauerparts kombiniert [„Jeden Tag“ (Liebe) „Jeden Tag“ (Leben)] Gemessen an der Tatsache, das es sich um eine Eigenproduktion handelt, lässt der Sound ein erstaunliches Maß an Professionalität erkennen. Tausendfach wiedergekäute Stammtischparolen und ausgelutschte finden sich auf Richtung Unendlichkeit nicht. Dafür serienweise ziemlich schwer verträgliches Textgut. VERZERRT so der Name des dahinter stehenden Trios führen den Hörer in eine kaputte Welt, in der fast gar nichts heil, sondern vieles zerstört ist, gehen nachdenklich destruktiv in ihren Songs zu Werke, schonungslos auf deckend, wo sich gesellschaftliche Defizite befinden. Dieser 13-Trackling nimmt kein Blatt vor den Mund, prangert soziale Missstände an, wo's wehtut, ohne sich in allenthalben die Oberfläche berührend hohler Phrasierung ausschweifend Massentrends hinterher hecheln. „Ein Neues Leben“ kündet vom Wunsch nach Freiheit alles hinter sich zu lassen, das Rad der Zeit zurückzudrehen, Fehler der Vergangenheit auszumärzen und gleichzeitig mit dem eigenen Schicksal hadernd. Versehen mit einer beständig vorhanden rotzigen Punkattitüde treten VERZERRT kräftig in den Hintern, das es wehtut. Gitarre, Bass und Schlagzeug kommen druckvoll. Der flexible von melancholisch, traurig über hoffnung weckend bis aggressiv bissig tendierende Gesang passt nahezu perfekt zu sämtlichen Texten einschließlich der Musik.
"Richtung Unendlichkeit" ist ein abwechslungsreiches, wenn auch ungemein schwer verdauliches Gebräu diverser Facetten harten Rocks, nur für ein bestimmtes Hörerklientel geeignet. Musik, die in bewegender Weise ganze Wellenbäder depressiver Gefühlsregungen freisetzend, ganze Armeen von Good Time-Rock n' Rollern blitzartig in die Flucht schlägt. Mit dem versteckten Hidden-Track „Aasfresser“ wurde auch ein ziemlich grenzwertiges, nicht jugendfreies Stück als Bonus beigefügt. VERZERRT legen auf entlarvend ehrlicher Weise ihren Finger in die Wunde, statt einfach nur stumpfsinnig platt zu wiederholen, was bereits so viele vor ihnen gesagt haben, wobei der eigene Wiedererkennungswert verbunden mit erforderlichem Tiefgang, den solche Musik benötigt, dieses begabte Trio meilenweit aus der breiten Masse überbewerteter Deutschrockcombos heraushebt. Trotz aller gebotenen Klasse, haben sie bei aller Liebe zur Musik einschließlich handwerklich starker Fähigkeiten mitunter stellenweise arg zwiespältiges Werk an den Start gebracht, gute 7 von 10 Punkten für den Inhalt sind berechtigt; dennoch ergeht zum Schluß folgende Warnung: Depressive und Suizidgefährdete Menschen sowie Frohnaturen und Gute-Laune-Metaller sollten ihre Finger von dieser fast überwiegend destruktiven Inhalt versprühenden Tonkonserve lassen!