HEINO - Schwarz Blüht der Enzian

VÖ: 12.12.14
(Starwatch Entertainment / Sony Music)

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HEINO

Fast 40 Jahre lang friste ich nun das abwechslungsreiche und bewegende Leben eines metalinfizierten Enthusiasten, der seinen Weg geht, ohne auch nur einen Schritt in eine andere Richtung abzudriften, will heißen: Böse Zungen behaupten, dass ich musikalisch völlig unflexibel und total eingefahren bin, was ich hiermit auch voller Stolz bestätige! Wie kommt es jetzt dazu, dass ich trotz notorischen Zeitmangels und angeborener Schreibfaulheit ein Review ausgerechnet über ein Heino-Album verfasse?

Kleine Vorgeschichte: Schon in den 70er Jahren zeichneten sich klar definierte Feindschaften zwischen den einzelnen Musikrichtungen ab. Zu dieser Zeit waren unter den Traditionalisten zwei Lager abgespalten: Kiss-Fans und AC/DC-Fans, dies mal nur so als grobe Orientierung. Diese zwei Lager machten sich einen Spaß daraus, jeweils den Anderen durch gezielte Anspielungen auf die Nudel zu nehmen, allerdings durchaus mit einem Augenzwinkern.

Beide Parteien waren sich jedoch zumindest in einem Punkt einig: Alle Andersgesinnten - speziell zu dieser Zeit seien Abba-Fans und Heino-Anhänger genannt - wurden mit Verachtung gestraft. Ja, ich gebe zu, dass diese beiden Interpreten für boshafte Beschimpfungen herhalten mussten und die Basis für jede vernünftig formulierte Beleidigung bildeten.

Jetzt muss man sich in die Lage eines Verfechters der Religion Metal versetzen, der plötzlich damit konfrontiert wird, dass eines der damaligen Feindbilder zu verschwimmen droht, indem dieser sich auf unerklärliche Art und Weise ins Fahrwasser der eigenen Glaubensrichtung begibt. Plötzlich wird man auf Youtube mit Heino covert Heino konfrontiert und muss sich eingestehen, dass es, zumindest was den dort gezeigten Titel „Schwarz blüht der Enzian“ angeht, gar nicht sooo schlecht klingt, was den Rezensenten letztlich dazu bewegt hat, hierzu seinen Senf beizusteuern.

Wie bereits erwähnt, beginnt das Album nach einem kurzen Intro mit „Schwarz blüht der Enzian“, das mit durchaus Rammstein-kompatiblen Riffs ausgestattet daherkommt und diesbezüglich auch punkten kann. Der Folgesong „Ja, ja, die Katja, die hat ja“ kann diesen Anspruch schon nicht mehr halten. Zwar schon etwas rockiger als das Original ist hier der alte Schlagermief noch voll enthalten. „Rosamunde“, das mit einem Seven Nation Army-Zitat beginnt, ist ähnlich gestrickt. „Wir lagen vor Madagaskar“ mit Original Links 2-3-4 Rammstein Riff ausgestattet, geht da doch noch als lustig durch. Titel 6 „Jenseits des Tales“ kann man getrost vergessen. „Einer von uns“ mit Rammsteins Engel-Riff versehen wird von demselben auch nicht wirklich gerettet, obwohl hier teilweise der Sprechgesang den ein oder anderen Lacher rausprovoziert. „Die schwarze Barbara“.............naja.......ohne Kommentar. Titel 9 „La Paloma“ verwurstet soundtechnisch Fragmente von Bon Jovi´s „Lay Your Hands On Me“, womit der Zusammenhang mit dem Fremdgewerk auch schon ausgeschöpft ist. „Komm in meinen Wigwam“..................Schlager halt! „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ beginnt schlagermäßig traditionell, wird kurz danach mit einem wieder einmal rammsteinkonformen Riff aufgepeppt und hat durchaus etwas. „Hoch auf dem gelben Wagen“......ohne Worte. „Jetzt erst recht“ ist ein Song, der wohl als Statement gedacht ist und textlich durchaus überzeugen kann, da er hier wohl klar Stellung bezieht und sagt: Ich mach was ich will.

Nun zum Fazit:

Zwei Songs gehen bei mir als akzeptabel in Hinblick auf die Ideologie unserer Glaubensrichtung durch. Der gesamte Rest ist zur Hälfte durchaus für eine Faschingsparty gut, wer´s mag, die andere Hälfte geht nach wie vor gar nicht.

Positiv anzumerken ist durchaus die Tatsache, dass der gute Heino offensichtlich Toleranz demonstriert und einen Brückenschlag zwischen Schlager und Metal vollziehen möchte, was leider nur selten gelingt.

Tracklist:
01. Intro: Erst recht
02. Schwarz blüht der Enzian
03. Ja, ja, die Katja, die hat ja
04. Rosamunde
05. Wir lagen vor Madagaskar
06. Jenseits des Tales
07. Einer von uns
08. Die schwarze Barbara
09. La Paloma
10. Komm in meinen Wigwam
11. Schwarzbraun ist die Haselnuss
12. Hoch auf dem gelben Wagen
13. Jetzt erst recht