LIZZY BORDEN - My Midnight Things


VÖ: 15.06.18
(Metal Blade Records)

Style: Melodic US-Heavy Metal

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LIZZY BORDEN

Wie lange habe ich auf ein weiteres Lebenszeichen von LIZZY BORDEN warten müssen? Elf Jahre, um genau zu sein. Verlernt hat Mr. Borden überhaupt nichts, obwohl einige deutlich gravierende Veränderungen auszumachen sind. Gibt schon der Titelgebende Opener „My Midnight Things“ deutlich die Richtung vor, so fällt auf, das auf Ohohoo-Singalongs verbunden mit unterstützendem Backgroundgesang sowie verstärktem Keyboardeinsatz plus feinfühliger Melodievielfalt zurückgegriffen wurde. Gewohnt satte Groovewechsel bei denen krachende Riffs Einzug halten, sind ebenso zur Genüge vorhanden. Trotzdem ist dieses Album anders. 'My Midnight Things' klingt weitaus mehr nach US-Melodic-Metal als jemals irgendein anderes LIZZY BORDEN-Studioalbum, was heftige Kontroversen auslösen wird. Das Album zeugt von einem schwierigen diverse Reifestationen durchlaufenden Entwicklungsprozess. Hungrige US-Power-Metal-Fanatics die auf tempoforciert treibenden Bangerstoff erster Stunde mit rasiermesserscharfen Kanten vom Format „American Metal“, „Rod of Iron“ oder „Council for the Cauldron“ fixiert sind, müssen sich auf einen herben Dämpfer gefasst machen, alle anderen können sich den Silberdeckel gefühltermaßen befreit ohne spezielle Erwartungshaltung reinziehen.

Neben Lizzy's gewohnt ausdrucksstark theatralischer Gesangslinien stechen gewohnt zentnerfett knallende Schlagzeugbeats von Joey Scott Harges und herrlich feinfühlig facettenreiche Filigran-Leadgitarrenharmonien besonders hervor. Es soll durchaus Leute geben, die meinen, das kein LIZZY BORDEN-Studio-Album komplett stark sei, was natürlich Quatsch mit Sauce ist. Fragwürdige Aussagen solcher Art hält das komplett mit Hochkarätern bestückte 1985er-Debüt „Love You To Pieces“ - Genremeilenstein auf dem US-(Power)-Metal-Sektor - nebenbei bemerkt locker stand! 'Menace To Society', 'Visual Lies' und 'Master of Disguise' verfügen über fast so viel Topmaterial ohne potentielle Ausfallkandidaten.  Zum superben Live-Doppel „The Murderess Metal-Roadschow“ das hier nicht von Belang ist, weil es sich um kein Studioalbum handelt - bedarf es ohnehin für die treue LIZZY BORDEN-Fanbasis ebensowenig vieler Worte.

Zwar reicht 'My Midnight Things' nicht an das Level von Bandklassikern wie 'Love You To Pieces', 'Menace To Society' , 'Visual Lies' und 'Master of Disguise' heran, (als reihenweise Hymnenhits flossen), die den Weg der Band in den 80ern zementierten, allein der Vergleich würde schon der Stiländerung wegen bei aller Fairness stark hinken, doch wird es keineswegs von den Hochkarätern geschluckt, geschweige zur herben Enttäuschung, wofür in der Überzahl befindliche kraftvoll arrangierte Hitbreaker-Melodic-Hymnen wie der sahnig das Album einleitende Bombast-Horror-Schocker "My Midnight Things", das mit episch düster angehauchter Keyboardatmosphäre glänzende „The Perfect Poison“ oder „We Belong to the Shadows“, satt einschlagende Melodic-Groove-Monster Marke "A Stranger To Love" und „Obsessed with You“ oder Balladeske Edelrocker vom Format "Run Away with Me" Garantie tragen. Inhaltlich ist der Zehntrackling sehr experimentiell; woran sich letzten Endes die Geister scheiden; hier und da blitzen sogar vereinzelt Dee Snider Gesangsfacetten auf. Überhaupt kommt die modern druckvolle Produktion dem verstärkt auf voluminös hochmelodischen Breitwand-Stadionrock setzenden Gesamtresultat reichlich entgegen. Nein, dieses Album ist kein wirklich leicht verdauliches, erst recht nicht, wenn es zur exakteren Erfassung mehrfach am Stück gehört werden muss. Welches Gesamtbild bleibt somit zurück? Zumindest ein sehr vielschichtiges. 

Die Antwort darauf ist so gespalten, wie auch der Inhalt der Scheibe. LIZZY BORDEN haben das Feld gewechselt. 'My Midnight Things' wird zweiffelos heftig polarisieren, - gespaltene Reaktionen hervorrufen. Das ist geradezu vorprogammiert. Was in den 80ern durch blutige Bühnenshows Aufsehen erregend provozierte, erhitzt gegenwärtig anno 2018 mittels musikalischem Herumexperimentierens vielfach Gemüter. Die treue Die Hard-Fraktion wird allein wegen des verstärkten Keyboardanteils auf eine Zerreißprobe gestellt. Totale US-Metal Puristen dürften von diesem für sie untragbaren Silberdeckel nach nur einem Hördurchlauf bedient sein. Das eingängig rockende teils poppige Untertöne besitzende Material könnte immerhin dazu beitragen, neue Fans, die LIZZY BORDEN vorher nicht kannten oder in der Vergangenheit einen Bogen um den Namen einschlugen, zu gewinnen. Welche Hörerschicht käme damit also in Frage? Allem voran bei der auf Melodiebewusste Euro/US-Acts vom Typ DEF LEPPARD/KNIGHT FURY/WIDOW-gepolten Anhängerschaft dürfte 'My Midnight Things' meterhohe Freudenwogen im Quadrat auslösen. Die Stadionhardrock-Fraktion dürfte auch Gefallen am Gesamtresultat finden. Ungewohnt üppig bis unters Dach überladen melodisch; - kontrovers, aber auf ausgereift gesundem Niveau.  7,5/10

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