GRAVE DIGGER - Rheingold


VÖ: 26.06.2020
(Metalville/Rough Trade)

Style: Heavy Metal

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GRAVE DIGGER

Lebten die Frühwerke 'Heavy Metal Breakdown' und Witchhunter' der Totengräber in den 80ern durchweg vom simpler arrangierten Teutonenstahl, widmeten sich GRAVE DIGGER im Sinne ihrer Folgeentwicklung anspruchsvolleren Themen mit entsprechender Umsetzung. Der tiefe Griff in den Fundus mystischer Helden-Epik-Fantasy-Erzählungen/Legenden/Sagen präsentiert die bärenstarke 90er-Phase von GRAVE DIGGER im Zeitraum von 1995 – 1999 auf dem Höhepunkt ihres Schaffens mit vier Hammerscheiben hintereinander. 'Heart of Darkness', 'Tunes of War' (1996), 'Knights of the Cross' (1998) und 'Excalibur' (1999) etablierten GRAVE DIGGER ohne Wenn und Aber im Kreis der besten Teutonenstahlacts, umso erstaunlicher gelang mit 'The Grave Digger' noch ein weiteres bachtliches zu genannten Epen aufschließendes Werk, bis das 'Rheingold' als weitere Steigerung den ultimativen Höhepunkt in der Bandbiographie markieren sollte. Metalville taten wohl daran, dieses hochkarätige Kronjuwel in der GRAVE DIGGER-Bandhistorie als Re-Release wieder zu veröffentlichen.

Fesselnder als auf diesem vor cremigen Melodiebögen, prickelnd unter die Haut gehender Spannung, hochexplosiver Theatralik und Melodramatik unterlegt von einem stets vorhandenen Hauch Richard Wagner'schen Klassik-Spirit überquellenden Werk lässt sich der spannend lehrreiche Nibelungen-Mythen-Sagen-Stoff von Deutschlands bekanntester Sage im Zuge seinerzeit durch eine riesige Völkerwanderungswelle aus Angst vor der drohenden Hunnengefahr entstanden, nicht umsetzen. Ein Meer gegensätzlicher Stimmungen aus Tragik, Lügen, Liebe, Intrigen, Sehnsucht, Neid und tief in den Abgründen der menschlichen Seele verborgen liegendem Hass prägen den vielschichtig emotionsgetränkten Inhalt auf 'Rheingold', das als bestes Werk der GRAVE DIGGER Bandbiographie durchgeht. Gegen dieses Meisterwerk zieht auch das aktuell Ende Mai erschienene neue Studio-Album „Fields Of Blood“ deutlich den Kürzeren.

Nach bombastisch inszenierter Overtüre 'The Ring' macht der von aggessiv sägender Gitarren Wall of Sound-eingeläutete Titeltrack „Rheingold“ sofort mächtig Dampf, anschließend reissen die geradlinigen von einprägsamen Mitsingrefrains, Wagner'scher Bombastsilhouette (ohne dessen immer mal zwischendurch aufblitzende Zitate wäre die Umsetzung derart anspruchsvoller Thematik nicht möglich gewesen!) und quirligen Rhythmus-Tempowechsel einschließlich toller Melodiegebung ausgefüllten Schlacht-Hymnen „Valhalla“ und „Giants“ gewaltig mit. GRAVE DIGGER Shouter Chris Boltendahl befand sich stimmlich in Topform, was sich auch beim geschickt sanfte Töne mit harrschen Powerspeedatacken verbindenden vor opulentem Pathos berstenden Melancholik-Epic-Hammer „Maidens Of War“ beweist. Stimmiger könnte die Laut-Leise Dynamik nicht sein, - eine derartige Balance schaffen im Regelfall nur Progressive Bands.

Siegfrieds gefährliche Reise zu Fafnir's Drachenhöhle entpuppt sich als doomig schleppend von einprägsamen Refrains begleites Heldenepos. Diesem schließt sich der mit tiefem Drachengebrüll beginnende Stampfer „Dragon“ an, der Siegfrieds Heldentat indem er den Drachen tötet, den Schatz raubt und im Blut des getöteten Lindwurms badet, in glorreich beschmückte Gewandung kleidet. Erwartungen, es gäbe keine Steigerung mehr, bekommen spätestens mit dem durchweg aggressiven Powerspeedgeschoss „Liar“ einen Korb. Den Vogel schießt das von schaurigen Chorälen besungene Tragikjuwel „Murderer“ ab. Eine huldvolle Klage-Elegie, die Hagen von Tronje's Untat zutiefst verabscheuend betrauert, der den Helden Siegfried als dieser auf dem Boden liegend Wasser aus einer Quelle trinkt, hinterrücks ersticht, da Hagen Siegfrieds verwundbarste (nicht in Fafnir's Drachenblut getränkte) Stelle kennt; - dort, wo ein Lindenblatt auf dem Schulterblatt von Siegfrieds Rücken landete. Diese einzige Stelle vom Drachenblut ungeschützte Stelle sollte des Helden Verhängnis werden.  Hagen hatte Siegfried heimlich beim Baden im Drachenblut belauscht. Das lange abschließend mit harmonischem Akustikabgang ausklingende Schlußepos „Twilight Of the Gods“ beendet die Nibelungensage würdig. Die kraftvolle Gitarrenarbeit des ehemaligen RAGE-Gitarristen Manni Schmidt gab allen Songs erforderliche Härte, welche es für ein solch gehaltvoll vielseitig packend bombastisch arrangiertes Konzept braucht. Hier von einer 'Sternstunde' zu sprechen wäre in Bezug auf die GRAVE DIGGER-Bandhistorie sicher keine Übertreibung. 

Einen Track qualitativ speziell hervorheben würde dem vor packenden Spannungsbögen berstenden Inhalt dieser durch ihre gesund ausbalancierte Mischung aus druckvollem Heavy Metal und wohldosiertem Bombast geprägten Scheibe nicht gerecht; deshalb musste das gesamte Material eines gelungenen ausschließlich am Stück wirkenden Gesamtwerkes dass die heftige Tragik der Nibelungensage extrem intensiv wiederspiegelt,  unter die Rezessionslupe. Exzellent produziert fesselt der Inhalt selbst siebzehn Jahre später als wiederveröffentlichter Rerelease noch immer, und wer die Limited Edition der CD-Normalversion vorzieht (sofern er das Original nicht bereits hat) kommt zusätzlich in den Genuss zweier gelungener Bonustracks.

Fazit: GRAVE DIGGER haben 2003 mit 'Rheingold' ihr 'Opus Magnum' geschmiedet, dessen intensiv berührendes Atmosphärenlevel selbst die phantastische Braveheart/Templer/Excalibur Geschichts-Mythen-Trilogie übertrifft.  - Gewaltiges Drama-Pathos-Kino auf wahnsinnig hohem Niveau! 9/10

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