URIAH HEEP - Chaos & Colour

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VÖ: 27.01.2022
(Silver Lining Music)

Genre: Hard Rock

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URIAH HEEP

Wenn auf eine Band der Terminus „unermüdlich“ zutrifft, dann sicher auf das britische Urgestein. Es lässt sich nur erahnen wie schwierig die Jahre der Pandemie für sie gewesen sein müssen. Dafür ließ man es auf der nachgeholten Tour zum fünfzigsten Jubiläum richtig krachen, ein ganzes Abend Vollbedienung für die Fans, über Monate quer durch den Kontinent unterwegs. Kaum waren die Koffer gepackt standen die Pressetermine zum Release des neuen Longplayers an, der schon länger eingetütet war. Konzerte dazu sind noch nicht in Reichweite, dafür können die Anhänger Sänger Bernie Shaw und Gründungsmitglied und Gitarrist Mick Box als Gast auf der ROOCK MEETS CLASSIC-Tour bewundern. Wie sich die Pause und die erneute Zusammenarbeit mit Jay Ruston auf URIAH HEEP ausgewirkt haben war die große Frage.

Klar hat vieles in der Kunst einen Bezug zu den jüngsten Ereignissen der Weltgeschichte, auch der Albumtitel ist davon inspiriert. „Chaos & Colour“, wobei es Chaos genug gab in letzter Zeit, doch wenn man da durch ist, erscheint am Ende alles noch heller und bunter wie auf dem Artwork. Eher ungewöhnlich für die Truppe, ein moderner Anstrich ist nicht zu verleugnen. In der Tat macht sich der Einfluss des Produzenten deutlicher bemerkbar, wenngleich auch nicht unbedingt in die Richtung, für welche der Mann steht. Durch die nahe an der Livesituation im Studio gewählte Herangehensweise hat sich das Klangbild eher etwas entschlackt.

Vor allem Phil Lanzons Spiel auf den Tasten unterscheidet sich von der Historie, die Orgel nimmt sich zurück, dröhnt bi weitem nicht mehr so wie gewohnt. Auch die Pianoklänge, die er beim akustischen Teil der Tourneefeierlichkeiten verstärkt auspackte, finden auch auf Konserve ihren Platz. Bestes Beispiel sicher das epische „One Nation, One Sun“, das sich von einer reinen Pianoballade immer weiter steigert, um am Ende schönen Leads und für die Formation typischen Zutaten Platz zu machen. Dazu entdeckt er den Synthesizer wieder mehr für sich und soliert darauf auch mehrmals im Laufe des Albums.

Nicht das einzige Stück mit Überlänge, wie schon auf dem Vorgänger in „Rocks In The Road“ so versuchen sich die Herren noch öfter an den progressiven Elementen der Siebziger. Ist der Einstieg von „You´ll Never Be Alone“ noch ganz klassisch, so ist die gleichsam perlend wie swingende Pianolinie ungewöhnlich. Aus dem Nichts haut der Refrain machtvoll rein, bevor das Tempo wieder zurück genommen wird. Im Mittelteil brettern zuerst die Riffs, dann lässt Box ein paar wilde Abfahrten vom Stapel, natürlich immer unter Zuhilfenahme der Effektpedale.
Auch „Freedom To Be Free“ hat seine lässigen Momente, das Grundriff swingt angenehm, während die Bridge eher schwermütiger rüber kommt, der Chorus aber wieder groß angelegt ist. Später ist es Davey Rimmer, der mit seinen vier Saiten für Akzente sorgt und fast schon jazzig agiert. Das jüngste Mitglied ist auch endlich am Songwriting beteiligt und serviert hier die wunderbar warmen Bassläufe, die als Gegenpol zu seinem sonstigen Beitrag wirken. Am Ende geht es mit einer Harmonie aus Piano und Gitarre wieder heraus zum Finale.


Die psychedelische Frühphase stand nicht nur hier Pate, das schwere Thema von „Hail The Sunrise“ könnte als zeitgemäße Version von „Gypsy“ durchgehen. Analog ist die Orgel in der getragenen Strophe sehr zurück genommen, kann aber später das Solo eröffnen, in dessen Verlauf Box Gitarrenheldenqualitäten offenbart. Ganz wagen sie sich nicht von ihrem angestammten Sound weg, man könnte es postmodern nennen, die Siebziger in die Jetztzeit transportiert. Beim Coverpainting könnte man ebenso fast schon von ihrem Grunge-Werk sprechen.
In „Hurricane“ haben sich noch mehr Effekte dieser Art eingeschlichen, speziell auf den sechs Saiten. Die Melodieführung der düster treibenden Nummer betritt genauso Neuland. Doch auch das größte Problem von „Chaos & Colour“ wird hier offenbar, die Drum s klingen etwas zu dünn und eindimensional. Man vermisst die Akzentuierungen mit Becken und Hi-Hat, die Toms halten zu lange den Takt. Wenn man vor ein paar Wochen gesehen hat, wozu Russell Gilbrook in der Lage ist, dann ist das hier zu wenig.

Wirklich Sorgen müssen sich aber die Fans nicht machen, weder hat es der Fünfer verlernt, noch versuchen sie sich krampfhaft neu zu erfinden. Schon der Opener „Save Me Tonight“ ist ganz klassisches Futter, das sich auf der Scheibe noch öfter finden lässt. Zwar mag die Produktion trockener sein, die „AhAh“-Chöre weiter zurück gefahren, doch das Ergebnis ist eindeutig zu identifizieren. Die Vitalität der letzten Scheiben wird nicht ganz erreicht, aber der Mut ist lobenswert. Und am Ende tönt der Bonustrack „Closer To Your Dreams“ nicht nur wie ein Outtake des Vorläufers, sondern wie eine Neuauflage des Klassikers „Easy Livin´“.

7 / 10

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