WALTER TROUT - Broken

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VÖ: 01.03.2024
(Provogue/Mascot)

Genre: Blues Rock

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WALTER TROUT

Er bleibt seinem Tempo treu, setzt sogar noch einen drauf, gerade mal eineinhalb Jahre nach seinem letzten Album schiebt WALTER TROUT wieder nach. Heuer konnte ihn Corona nicht stoppen, von daher ging es etwas schneller vonstatten, das seine Band sich zum Familienunternehmen wandelt bringt auch viel Raum für Kreativität. Die lebt die Blueslegende aus, wo immer es geht, sogar im Tourbus direkt nach dem Konzert, wenn ihn etwas bewegt. Bewegt haben muss ihn viel, schließlich tauft man nicht oft ein Album „Broken“. Dabei hat der Mann in den letzten Jahren einiges mitmachen müssen gesundheitlich, was ihn nicht stoppen konnte.

Der Unterschied zu „Ride“ fällt schon bei den allerersten Tönen auf, auch musikalisch, nicht nur hinsichtlich der Stimmung. Wo wir über Stimmungen reden, diese sind offener als zuletzt, er setzt nicht so sehr auf Riffs, sondern lässt den Akkorden mehr Luft, ein Weg, den JOE BONAMASSA streckenweise beschritten hat. Umso erstaunlicher, dass sein gewohnt dichter Stil zwar nicht so druckvoll, dafür aber dunkler daher kommt. Das Artwork, das gewohntermaßen den Künstler ziert macht es schon deutlich, es passiert viel draußen in der Welt, viel womit er nicht zufrieden ist.

Auf dem Longplayer serviert er daher keine positiven Songs oder Durchhalteparolen, sondern legt den Finger in die Wunde, wohlwissend, dass jeder Sturm irgendwann vorbei zieht. Stürme wehten schon oft durch das Leben von BETH HART, mit der er sich im eröffnenden Titeltrack ein Duett liefert. Eine bessere Wahl hätte er nicht treffen können, die Inbrunst und Ehrlichkeit mit der die Dame ihre Zeilen singt ist umwerfend, die Reibung mit seiner brüchigen Stimme verleiht dem Ganzen noch mehr Intensität. Die Orgel weint leise auf dem vielleicht melodiösesten Lied auf der Scheibe.

Ein wenig vermisst man seine schmachtenden Balladen, diese feinen Tränendrücker wie „All Out Of Tears“ oder „Waiting For The Dawn“. Die einzige Nummer, in der sich der Gitarrist an so etwas heran traut hält er mit „Love Of My Life“ rein instrumental, weiß aber in der Disziplin ob seines brillanten und gefühlvollen Spiels Akzente zu setzen. Die Töne aus seinen Saiten steigen empor, seine hohe Stimme bleibt diesmal im Sack.
Mit viel Feeling nähert sich der Barde den Ursprüngen des Blues, die er im Soul findet, welchen er in „Breathe“ und „I Wanna Stay“ einfließen lässt. In ersterem erhält er im Background von Gia Ciambotti, die schon mit Bruce Springsteen zu dessen E-Street-Band-loser Zeit gearbeitet hat. Lockerer geht es im anderen Stück zu, das mit den Licks spielt und in dem die Hammond herrlich leiert, wobei sein Tourkeyboarder Bob Frizdema nicht an Bord ist.

Am prominentesten von den Tastendrückern dürfte Teddy „Zig Zag“ Andreadis sein, der einst mit Guns´n´Roses die Welt bereiste. Jener sorgt mit seiner Wurlitzer im tonnenschweren „Courage In The Dark“ für ein psychedelisches Feeling. Eigentlich typisch für WALTER TROUT bringt die offene Stimmung neu Facetten in den Sound. Jene Atmosphäre wird mit „Heaven Or Hell“ noch getoppt, einer der ungewöhnlichsten Kompositionen der Karriere. Die mahnend skandierten Vocals erzeugen eine Art postrockende Version des Talking Blues, wer an BLUE ÖYSTER CULT denkt darf das gerne tun, beim eher gediegenen „Talkin´To Myself“ ein weiteres Mal.

Noch forscher wird in „I´ve Had Enough“ zu Werke gegangen, hier kann der gute Walter seine oft gezügelte Wut nur schwer zurück halten und biegt gen Heavy Rock ab. Mit Kultröhre DEE SNIDER hat er sich den richtigen Partner ins Boot geholt. Witzigerweise dachte es sei ein Cover aus dessen glorreicher Vergangenheit, das Ergebnis hier hat jedoch mehr Power. Rocken tut auch der Boogie von „Bleed“, zu dem Will Wilde“ die Harmonika beisteuert.
Jene prägt auch „Turn And Walk Away“, hier vom Meister selbst geblasen, bei dem er einen Ausflug ins Americana-Fach unternimmt. Der kommt sogar folkiger daher, die Herangehensweise auf „Broken“ räumt den unterschiedlichen Farben mehr Platz zum Strahlen ein, wenngleich in dunklerem Licht. Bleibt am Ende nur die Frage was unglaublicher ist: Wie er es schafft nach mehr als zwanzig Alben jedem so einen eigenen Charakter zu verleihen oder so schnell solch großartige Titel zu verfassen?

8 / 10

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