TORTUGA - Overdressed
VÖ: 31.05.2024
(Eigenproduktion)
Genre: Pirate Metal
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TORTUGA
Etwas länger als sonst ließen sich die saarländischen Piratenmetaller Zeit, um ihren neuesten Longplayer einzutüten. Was auch daran lag, dass die beiden Bandgründer Sir Blackbeard und Captain Mary Read mit ihren anderen Bands beschäftigt waren. Im letzten Jahr gab man nach der Coronapause wieder ein paar Shows, bevor man wieder das heimische Studio enterte. Vom Image verabschiedete man sich auf dem letzten Album ein wenig, „Overdressed“ ist nunmal auch keine typische Piratenthematik. Das rosa Cover sowieso nicht, in welche Gefilde segeln TORTUGA nun?
Lyrisch geht das Ganze in eine sagen wir mal anrüchige Sache, und nicht nur wegen etwaiger Furzgeräusche zwischendrin. Humor war den Piraten ja schon immer gegeben, gerne auch mal derbe, aber das da ist noch einmal eine eigene Qualität. Liedtitel wie „Desinfection Is My Satisfaction“, „Wiping Your Butt With A Hook Ain´t That Easy“ oder „Ferguson“ lassen gut durchspülen und legen nahe bei den Bundys gut aufgepasst zu haben. Doch keine Angst „Powdermonkey“ oder „Kiss Of The Gauntlet“ bieten weiterhin bewährte Themen an.
Musikalisch geht man den Weg des Vorgängers „The Flying Dutchmen“ noch weiter und streicht die folkloristischen Themen komplett. Zurück bleibt traditioneller Metal, der sich immer gerne im Kielwasser der Hamburger Urpiraten unter Störtebeker´s Flagge segelt. Das darf auch gerne mal eine Spur dunkler und schwerer ausfallen wie in „Wiping You Butt With A Hook Ain´t That Easy“, wobei die Harmonien schon evident sind.
Und ähnlich wie bei den Vorbildern nimmt auch gerne den guten alten Riff Rock mit ins Boot, „Powdermonkey“ wird dazu vom Schlagzeug vehement angetrieben. Der rockigen Route folgt auch „Stinky Dave“, welches es recht locker angehen lässt, dafür im Refrain ein paar knallige Arrangements auspackt. Später verbeugt man sich vor den Achtzigern, indem man nur das Schlagzeug und den Gesang sprechen lässt, damals ein typisches Stilmittel.
Mehr mit Leadfills arbeitet „Kiss of The Gauntlet“, das die starke Gitarrenarbeit betont, die in dem Song auch ein starkes Solo anbietet. So flott wie die sechs Saiten nach vorne rasseln marschiert auch der Rest voran und hält das Up-Tempo die ganze Zeit hoch. Zwar nicht so in voller Fahrt, geben die DoubleBass-Schübe von Woodleg Willy bei „Desinfection Is My Satisfaction“ ebenso ordentlich Gas.
Fast schon holprig biegt der Opener „Captain Shakespeare“ ums nächste Riff, bei dem man wie im Intro „L.M.D.A.R.S.F.S.“ mit klassischen Themen kokettiert. Den Marsch stimmen nicht nur Sir Blackbeard und Jack The Knife mit ihren Äxten an, sondern auch Captain Mary Read. Wenig verwunderlich, ist die Dame auch sonst im Karneval tätig und hat ihre Garde dazu oft genug das Tanzbein schwingen lassen.
Für echte Piraten dürfen natürlich die Chöre nicht fehlen, bei denen befreundete Musiker wieder das heimische Studio geentert haben. „Knock Knock“ wird im gleichnamigen Titel permanent von wuchtigen „Hey Hey“s gekontert. Sehr fein arrangiert wird der Wikingerchor im treibenden „This Is My Orange Table“, wenn das Tempo heraus genommen wird und eher schwere Riffs darunter gelegt werden.
In „The Ferguson“ sind sie dann in die Riffattacken eingefügt, was eine interessante Dynamik in einem der heaviesten Tracks erzeugt. Heavy geht es ebenfalls im Rausschmeißer „“Ready To Know“ zu, einem Cover der programmatisch getauften Franzosen HEAVY AND LOUD, die Anfang des Jahrtausends ihr Unwesen im Underground trieben. Nicht nur wegen des Solos kann man hier durchaus Referenzen zu den SCORPIONS ausmachen.
Mit „Overdressed“ haben TORTUGA erneut ein abwechslungsreiches Werk eingespielt, das trotz einer druckvolleren Grundausrichtung neue Facetten aufbietet. Die Songs versprechen live wieder für jede Menge Spaß und Stimmung zu sorgen. Abzüge muss man jedoch in der B-Note geben, denn klangtechnisch wurde in den bandeigenen Tortuga-Studios schon sauberer agiert, ein wenig mehr Schliff hätte da gut getan. Dennoch ein weiterer Beweis, dass die saarländische Metalszene lebt, auch wenn kürzlich so mancher Kahn in den Fluten unterging.
7 / 10