NILS PATRIK JOHANSSON - War and Piece
VÖ: 10.10.2025
(Metalville)
Style: Heavy/Power Metal
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NILS PATRIK JOHANSSON
Bei dem Titel 'War and Peace' kreist das Gedankenkorsett bei mir wie von selbst um den russischen Autor und Historiker Nicolai Tolstoy. Inhaltlich gesehen ist das 'War and Peace'-Album auf dem Johanssons's Junior Fredrik die Drumsticks schwingt, ein gewohnt anspruchsvolles, dennoch verliert es nie den Zug nach vorne. Clever ausgetüftelt, überlässt Mr. Johansson mal wieder nichts dem Zufall. Knackfett Produziert hat Johannson's LION'S SHARE-Bandkollege Lars Chriss dessen Arbeit als Produzent, Gitarrist und Bassist unentbehrlich für dieses Album gewesen ist.
Der Schaffensfundus des auch bei ASTRAL DOORS, CIVIL WAR, LION'S SHARE und WUTHERING HEIGHTS aktiven Frontmanns reicht weit, das zeigt sich ebenso an diesem Stück Heavy Metal der nach ihm benannten Band. Metal-Historiker kommen hier voll auf ihre Kosten, die Thematik reicht über die Staufer-Kaiser Barbarossa-Zeit zur Chinesischen Mauer bis in die Reformationszeit wo Gustav Vasa (der Vater des im 30jährigen Krieg auf prostestantischer Seite kämpfenden Sohnes gleichen Namens, Gustav Adolf II.) das Zepter im Königreich Schweden führte. Mit letzterem hat Band Mentor Johannsoon endlich seinen 'Vasa-Song' Bandmentor in die Tat umgesetzt. Für den Trompetenpart bei „Prodigal Son“ konnte der schwedische Gitarrist und Songwriter Tommy Denander als Gastmusiker gewonnen werden. Die Band bestehend aus Nils Patrik Johansson (Gesang), Lars Criss (Gitarre, Bass), Saecred Spirit Anuviel (Keyboards) und Fredik Johansson (Drums), liefert ganze Arbeit. Über allem thront der kraftvolle Gesang eines echten Profis, dessen näselndes Organ möglicherweise Gemüter spaltet, jedoch unverkennbares Markenzeichen der Band bleibt. Nils Patrik Johansson weiß, wie effektiv emotional unter die Haut gehende Stimmungen erzeugt werden. Das zeigt sich auf 'War and Peace' dem vielleicht stärkesten aller drei bisherigen Nils Patrik Johannson Solo-Releases zur Genüge.
„Himalaya“, ein gewaltig fesselndes von Herr der Ringe mässigen Chorälen flankiertes Bombast-Intro weckt sofort Lust auf mehr. Danach regen zunächst einmal Folk-Klänge die Phantasie an, sich in die Zeit von Gustav Vasa I., zurück zu versetzen, dem Schwedenkönig, wobei diese Nummer in bester ASTRAL DOORS/BLACK SABBATH/RAINBOW-Manier heroisch aus den Boxen stürmt. Im tempo reduzierten Zwischenpart wird es nocheinmal nachdenklich, danach gewinnt die heroisch tempoforcierte Seite mit reichlich Gitarrenfeuer und flotten Keyboardtakten die Oberhand. Ein richtig Hammerstarker Song! Danach folgt die von feierlichem eher an die US-Kavallerie im 18. Jahrhundert denken lassendes Trompetensolo eingeläutete Rückkehr des verlorenen Sohnes - „Prodigal Son“.
Nachdenklich und zutiefst melancholisch gibt sich der temporeduzierte Rocker „Stay Behind“, ist mit Einflechtung der US-Amerikanischen Nationalhymne als versteckte Anspielung auf die momentan verfehlte US-Politik zu verstehen, die eigentlich dazu dienen soll Europa zu schützen und sich nicht gegen Europa und für Rechtsextreme Tendenzen hinzugeben! Hintergrund bei diesem Song ist folgender:In diesem strukturiert schleppend ausgestalteten Song dreht sich alles um eine den westeuropäischen Ländern Schutz geben wollende Untergrundorganisation namens 'Stay Behind', deren Bereitschaft gegeben war, die Länder Europas gegen eine im Bereich des möglichen liegende Invasion durch die Sowjetunion schützend zu verteidigen. Manche sahen in diesem Song einige Verschwörungstherorie die möglicherweise (wirklich gesichert ist dies nicht), zu den Auslösern des Mordes am schwedischen Ministerpräsidenten Olov Palme gezählt haben soll, dessen Thematik das im Corona-Jahr 2020 enstandene Vorgängeralbum 'The Great Conspiracy' zum Inhalt hatte. Schon deshalb versteht sich die Einflechtung der US-National Hymne hohnspottend zynisch, die mit Hinblick auf 'Stay Behind' alles andere als glorreich verläuft. Mit dem theatralischen Geschichtsepos vom Stauferkaiser Friedrich I, welcher den Beinamen „Barbarossa“ trug, wird spannungsvoll nachgelegt. Ganz am Schluß im Zuge exzessiver Dramaturgie der historischen Ereignisse als Kaiser Barbarossa beim Versuch das Königreich Armenien zu erobern im Fluss Göksu ertrank, findet das russische Volsklied „Kalinka“ Einklang in den Songkontext.
„Hungarian Dance“ blüht zunächst in einer epischen Heavy Metal Bombasthymne, bis es in flotten Power zeitweise von Pathos gekrönten Power Metal-Modus mündend, übergeht. Vergleichsweise zu den anderen ist dieser Song der schwächste auf einer guten Scheibe. Von Chinesischer Folkore eingeläutet gibt sich „The Great Wall Of China“ baut sich stufenweise auf, zunächst schleppend, nimmt im weiteren Verlauf deutlich Fahrt auf, schlägt in flott nach vorne gehendes Tempo um. „Two Shots in Sarajevo“ befasst sich kritisch mit dem Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo geschehen am 28. Juni 1914 wo der Thronfolger Österreich-Ungarns, und seine Gemahlin Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg, bei ihrem Besuch einem Attentat zum Opfer fielen, dessen Folgewirkungen den I. Weltkrieg auslösten.
Fazit: Historisch gehaltvoll flexibel aufgearbeitetes Themen-Sammelsurium, das einmal mehr die Klasse von NILS PATRIK JOHANSSON zeigt, dessen gesamte Band einen sauberen Job gemacht hat. 'War and Peace' liefert direkten Beweis dafür. 8/10