HARKON - Love And Vore

VÖ: 31.10.25
(Doc Gator Records)
Genre: Heavy Metal
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HARKON
Vier Jahre nachdem ich durch mein Erscheinen das Gewicht der Erde um etwas mehr als drei Kilogramm erhöhte, begab es sich, dass ein begnadeter Autor namens Frank Herbert seine Trilogie zu einem Buch zusammenfasste und mit dem Titel „Dune“ veröffentlichte. Eifriger Leser selbigen Buches: der kleine Kolibri. David Lynch nahm sich des Materials an und verfilmte es in gigantischen Bildern. So kam es, dass „Dune“ 1984 vor Weihnachten in den deutschen Kinos anlief und eine Science-Fiction-besessene Person selbstverständlich kurz nach der Premiere in einem großen Berliner Kino anwesend war: der kleine Kolibri. Einige Jahrzehnte später trat das fast schon sechzig Jahre alte Wesen einer Facebookgruppe namens „Heavy Metal Fans“ bei: wieder mal der kleine Kolibri. In dieser Gruppe voller „verrückter“ Metalfans und Langhaardackel ... äh ... Langhaarigen befanden sich kluge Köpfe, die es nicht nur schafften, Fantreffen wachsenden Ausmaßes zu organisieren, sondern auch ein erfolgreiches Plattenlabel, „Doc Gator Records“, zu gründen, welches Bands aus dem Underground ermöglichte, ihre Musik hier zu veröffentlichen - als Compact Discs und Schallplatten, bis hin zu ausgefallenen Liquid filled Vinyls, die dem genialen Nico Michaelis zu verdanken sind. Langer Rede, kurzer Sinn, damit folgender Satz besser zu verstehen ist:
„Die HARKONnen kommen!“ Als Käufer sämtlicher Veröffentlichungen von „Doc Gator Records“ war meine Freude weithin sichtbar, als mich das Album „Love And Vore“ in weißem Vinyl vor Kurzem erreichte. Als bekennender Weihnachtsmuffel widmete ich mich die letzten beiden Wochen lieber „vernünftiger“ als weihnachtlicher Musik. Insofern wird es niemanden verwundern, dass ich mich jetzt über HARKONs Debütalbum auslassen möchte.
Die Band aus Nordrhein-Westfalen formierte sich 2017 und machte das erste Mal 2019 mit der EP „Ruins Of Gold“ auf sich aufmerksam. Die vier Mitglieder waren beziehungsweise sind mit fünfzehn weiteren Bands in Verbindung zu bringen, doch nur zwei davon möchte ich erwähnen: NIGHT IN GALES und THE VERY END. Björn Großes, der Sänger, ist und war mit diesen Bands verbandelt. Zum Quartett gehören noch Volker Rummel an der Gitarre, Marcel Willnat am Bass und Lars Zehner am Schlagzeug.
Das „Wortspiel“ („Love And Vore“ anstatt „Love And War“) im Albumtitel lässt darauf schließen, dass hier nicht einfach nur ein paar Riffs hingeknüppelt, mit banalem Schlagzeugspiel und einer Hinz-und-Kunz-Stimme versehen wurden, sondern dass etwas Besonderes aus den Rillen erklingen wird.
Der Start ins Album ist perfekt gelungen: ‚Watch The World Go By‘ trifft die Seele eines Metalfans genau auf den Punkt. Riffs und Drums nehmen ein Vollbad in Harmonie und des Sängers teils bösartige Stimme steht eindeutig im Bezug zu den „Herbert’schen“ Harkonnen, die alles andere als gutartig sind. Mit mächtig Dampf geht es in die zweite Runde: ‚Double Down‘ weckt die letzten vom vielen Hopsen eingeschlafenen „Wacken-Gänger“, es kommt fett und wuchtig daher. Volker entlockt mir bei ‚Blood Will Have Blood‘ einige jauchzende Töne, wenn er seine Gitarre zu knarzenden Geräuschen zwingt. Mit ‚Take It Slow‘ lassen die Jungs ein bombastisches Gefühl aufkommen, wie es dereinst P.O.D.s ‚Youth Of The Nation‘ im Nachfolge-„SOUND“ in der Berliner Miraustraße generierte - da bebte die Halle. Das fein gestrickte ‚Thistleblower‘ offenbart einen leichten Hang zu progressiven Tönen. Trotz einer gewissen Düsternis ist es bestens zum Mitsingen einer Gruppe angetrunkener Fußballfans gedacht.
Und schon sind wir auf der zweiten Seite der weißen Schallplatte: ‚The Errorist‘ wird durch ein typisches AC/DC-Riff eingeleitet, findet dann natürlich (s)einen eigenen Weg und mutiert zum Highlight des Longplayers. Einen weiteren Glanzpunkt ihres Schaffens haben die vier Nordrhein-Westfalen mit ‚Dead Sun Rising‘ betitelt - das Aufgehen einer toten Sonne sollte man mal der Redaktion von „Perry Rhodan“ vorschlagen. Ob es Absicht war, kann ich nicht beurteilen, aber meines Erachtens sind ‚The Disease‘ und ‚One In Vermillion‘ schon fast so gut mainstreamig, dass sich die deutschen Rundfunksender unbedingt dieser beiden Titel bedienen sollten, um ihre Hörerschaft nicht immer nur mit Pop-Gedudel und Schlagern zu langweilen. Wetten, dass ‚The Disease‘ sogar das Zeug dazu hat, viele Menschen zum Mitsingen zu animieren.
Wohl denen, die es schaffen, nicht nur ihr Klientel auf so hohem Niveau zu beglücken. HARKON schaffen es und können stolz auf ihr Debütalbum „Love And Vore“ sein! Und wem verdanken wir diese Perle des langsam zu Ende gehenden Jahres 2025? Natürlich „Doc Gator Records“!
Verfasst von Jürgen Kohlschmied

