GHOST – Göteborg, Lisebergshallen

Konzert vom 11.11.15
Support: Dead Soul

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Ghost
Dead Soul

Sie werden gehypt keine Frage, ein Teil ihres Erfolg macht das Image aus, geschenkt, Metallica mögen sie, Dave Grohl mag sie und arbeitete mit ihnen zusammen, aber können sie das alles auch live rechtfertigen und bestätigen? Jedes Mal wenn ich in den vergangenen Monaten das Radio anschaltete und meinen Göteborger Lieblingssender Bandit Rock einstellte lief ein Ohrwurm von Ghost. So wurde ich langsam angefixt. Zusätzliche Randnotizen wie Ghost vor 100.000 bei Rock in Rio 2013, Ghost Support von Foo Fighters im Ullevi Stadion vor ein paar Monaten vor 55.000 (ja genau, das Konzert, wo sich Dave Grohl das Bein brach), Ghost als Support von Iron Maiden bei deren The Book of Souls Tour 2016 in Deutschland machten mich neugierig, warum Ghost nach nur 3 Alben und einer Cover EP scheinbar schon einen sehr hohen Stellenwert in der Musikwelt genießen.

 Es sollte mein erstes Konzert in Lisebergshallen sein, welche Teil des großen Freizeitparks Liseberg mitten in Göteborg ist. Wenn ihr mal die Gelegenheit haben sollte dort ein Konzert zu sehen, dann solltet ihr Wissen, dass das Ticket gleichzeitig als Eintrittskarte für den gesamten Park gilt. Die Halle selbst ist klasse. Sie ist nur unwesentlich länger als sie breit ist, nichts was die Sicht behindert (außer vielleicht das Geländer der Tribüne für kleine Menschen die in der ersten Reihe der Tribüne sitzen, da dieses recht hoch ist.

In der Halle selbst war der ein oder andere geschminkte „Papst“ anzutreffen, es war zwar nicht so extrem wie bei einem KISS Konzert, aber die Parallelen des Konzepts sind unverkennbar. Mal schauen, wie lange die richtigen Namen der fünf Nameless Ghouls wirklich im Verborgenen bleiben. Beim Frontmann Papa Emeritus scheint sich das Rätsel aufgrund diverser Quellen gelöst zu haben, da es sich wahrscheinlich bei allen drei Versionen (Papa Emeritus, Papa Emeritus II und der aktuelle Papa Emeritus III) um den Musiker Tobias Forge handelt. Lierum larum, erstaunlich genug, dass im heutigen Informationszeitalter ein solches „Masken“ Konzept überhaupt solange funktionieren kann.
Doch nun zum Konzert: Pünktlich um 19:30 betraten Dead Soul die Bühne. ZZt sind die Schweden nur als Dreigestirn unterwegs: 2x Gitarre inklusive MAC + 1x Gesang inklusive Hut (a la Geoff Tate). Die Musik ist irgendwo zwischen Bluesorientierten, melancholischem Elektro-Rock anzusiedeln mit Einschlägen, die an Filmmusik für Western erinnern. Live hingegen… weiß ich nicht. Die Bühne war relativ groß für nur 3 Mann die Extra Platz hatten, da sie ja kein Schlagzeug brauchten. Trotzdem war der Bewegungsradius minimal, da ja auch der Computer bedient werden wollte und der Sänger sich häufig am Mikro festhielt. Die Lieder sind nicht schlecht, aber auch nicht dazu geeignet, jemanden vom Sessel zu reißen. Als Hintergrundmusik ok, aber vor 3.000 Leutchen in einer ausverkauften Halle, die eh nur wegen dem Hauptact da sind, wurden Dead Soul zwar freundlich aufgenommen, waren aber auch schnell wieder vergessen.
Nach 30 Minuten war es vorbei und nach weiteren 30 Minuten Pause in der die Bühne schon eingeweihräuchert wurde, gingen die Lichter um 20:30 ein weiteres Mal aus und das Intro für Ghost erklang.
Was in den folgenden 100 Minuten passierte kann man wohl am besten als perfekt inszeniertes und faszinierendes Rock-Entertainment beschreiben. War ich beim Hören der CDs noch etwas am Zweifeln, ob der schwachbrüstigen Gitarren- und Schlagzeugsounds, so wurde ich beim Einsetzen der riffenden Gitarren in Spirit, gefolgt vom wuchtigen Schlagzeug und dem durch Mark und Bein gehenden Bass bereits nach wenigen Sekunden eines besseren belehrt. Über all dieser gewaltigen und brachialen Soundwand legte sich dann der klare Gesang des Papas und mir blieb erstmal nichts anderes übrig als a) zu staunen; b) zustimmend und grinsend im Takt zu Nicken (aufgrund eines eingeklemmten Nervs zwischen den Schulterblättern – Mitleid bitte – war ich zu mehr rein körperlich nicht im Stande) und c) bereits nach dem 2ten Songs From the pinnacle to the pit eine SMS an meine Frau zu schicken mit dem Wortlaut „Boah sind die geil“.
Abgesehen von der reinen Musik war es so kurzweilig und amüsant dem Umgang des Frontpapstes mit dem Publikum beizuwohnen. Wurden die ersten Ansagen noch auf gestelztem Schwedisch gemacht, so entschuldigte sich Papa E. III alsbald mit den Worten, dass er das Publikum mit seinem idiotischen möchtegern Schwedisch nicht verprellen möchte und deshalb von jetzt ab nur noch Englisch spricht. Vor dem Hintergrund, dass die Band aus Linköping kommt und dass allgemein gemunkelt wird, dass es sich beim Frontmann um den Schweden Tobias Forge handelt, der dieses von sich gibt ist das schon ein gelungener und witziger Schachzug. Ebenso der in der Folgezeit angewandte Italienisch-Deutsche Akzent mit dem die englischen Ansagen präsentiert wurden. Zum Beispiel als die zwei Nonnen „Sisters of Sin“ den Fans zunächst auf der Bühne präsentiert wurden und später dann in den Mob geschickt wurden mit den eindringlichen Worten, „die Hände doch bitte bei sich zu halten. Kein oink, oink und kein honk, honk würde geduldet. Dann wäre alles oki doki und alrighty.“


Der Bühnenaufbau war schlicht, das Backdrop stellte eine Kirchenmalerei da und die 5 Nameless Ghouls waren bezeichnender Weise ganz ins Schwarz und mit Maske versehen alle gleich gekleidet, wodurch sie nur aufgrund ihrer Körperstatur und des Instruments zu unterscheiden waren.
Ungefähr nach einer Stunde wurde es dem emeritierten Papst dann zu warm und er entledigte sich nun seiner Tiara und der Soutane. Von nun an wirkte er als Mischung aus Totenkopf-Zirkusdirektor-Vampyr im gegellten Dandy-Look. Weiterhin dirigierte er das Publikum mit knappen Handbewegungen und ehrwürdigen, erhabenen Bewegungen. Dazu das weiterhin sehr charmante Auftreten, wenn er das Publikum mit Fragen erheiterte wie: „Do you like eating Flesh? Do you like drinking blood? Do you like fucking?“ (Ansage zu Boda and Blood) Im Grunde dreht sich jede weitere Ansage um Sex/Ficken, da Ghost eine Tendenz zu diesen Themen hat wie er selbst feststellte. Niemals plump, sondern immer respektvoll und charmant vorgetragen.


An der Musik gab es im Weiteren nichts zu bemängeln. Der Sound war wuchtig aber eine Spur zu laut. Das Licht war eher spartanisch aber umso effektvoller und kam zumeist von hinten, was den mystischen Anstrich untermauerte. Hits wie Majesty, Cirice, Year Zero, He is, Absolution funktionieren live wie nur was und hypnotisierten die Massen. Selbst die akustische Version von Jigolo Har Megiddo passte perfekt in den Set. Als letzter regulärer Song wurde dann das obligatorische If you have a ghost angestimmt. Die ebenfalls obligatorische Zugabe Monstrance Clock wurde durch folgende mit Augenzwinkern versehende Ansage eingeleitet: Wir beenden den Set mit einem alten Rock and Roll Trick, nämlich das man immer mit dem gleichen Lied aufhört. Die die uns schon mal gesehen haben kennen das und ich möchte euch alle bitten den Refrain mit uns zu singen. Beim ersten Mal singe ich ihn allein und ihr hört zu. Beim zweiten Mal gebe ich euch ein Zeichen und ihr singt. Aber keine Angst, es reicht wenn ihr die Lippen bewegt, denn damit kommt man schon sehr weit!!! Herrlich wenn man sich selbst nicht so ernst nimmt!
Nach 100 Minuten war das zweite Konzert der Black in to future Europa Tour beendet und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand die Halle enttäuscht verlassen hat.

Setlist Ghost:

Intro: Miserere mei, Deus (Gregorio Allegri song)
Intro: Masked Ball (Jocelyn Pook song)
Spirit
From the Pinnacle to the Pit
Ritual
Con Clavi Con Dio
Per Aspera ad Inferi
Majesty
Body and Blood
Devil Church
Cirice
Year Zero
Spöksonat (vom Band)
He Is
Absolution
Mummy Dust
Jigolo Har Megiddo (Acoustic)
Ghuleh/Zombie Queen
If You Have Ghosts (Roky Erickson cover)
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Monstrance Clock
Outro: The Host of Seraphim (Dead Can Dance song)

Spielzeit: 100 Minuten
Zuschauer: ca 3.000 (ausverkauft)

Wertung 9/10

Top: Entertainment Faktor
Flop: Lautstärke

 

Fotos: Dirk Hauer

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