ARCH ENEMY - Saarbrücken

10 archenemy saarbruecken 03Konzert vom 24.10.22

Support: BEHEMOTH, CARCASS, UNTO OTHERS

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UNTO OTHERS

Das Package wurde schon im letzten Jahr angekündigt, doch die Pandemie musste ein weiteres Mal dazwischen grätschen. Dabei war die Vollbedienung für Anhänger des extremen und düsteren sehnlichst herbei gewünscht, da vier unterschiedliche Acts auf dem Programm standen, welche die Vielfalt des Genres aufzeigen. Aufgrund der Verlegung waren einige der Acts mit neuem Material angereist, welches in dem Jahr veröffentlicht wurde. Beim Gastspiel in der Saarbrücker Saarlandhalle war FFM-ROCK mit von der Partie, wobei die Hallenbuchung eher aufgrund der Showgröße erfolgte, die Anwesenden hätten wohl noch in die Garage gepasst.

UNTO OTHERS
Die US-Amerikaner kannte ich gar nicht, aber einige Freunde lobten sie im Vorfeld. Erste Pluspunkte gab es für das beste Lied es Abends, „Subdivisions“ von RUSH als Opener ist ob seiner Größe gewagt, machte aber kleine Pfälzer froh. Das machte schon deutlich, dass sie an dem Abend die Exoten darstellten, denn ihre Mischung aus getragenem Gothic Rock und Metal setzte bis auf ein paar „Uughs“, speziell im Eröffnungstitel „Heroin“ auf Klargesang. Richtig weit öffnete sich das folgende „Give Me The Night“, das sich weit von den üblichen Szeneklischees absetzt. UNTO OTHERS tun gut daran die Achtziger-Schlagseite heraus zu haben und sich auch mal treiben zu lassen.

Den Touch unterstrich Sänger und Rhythmusgitarrist Gabriel Franco mit seiner Sonnenbrille aus dem Fundus von SISTERS OF MERCY oder FIELDS OF THE NEPHILIM. Aufgrund seiner Lockenmähne hätte er fast als Klon des kürzlich von uns gegangenen Eric Wagner durchgehen können. Seine Performance war für seine Rolle etwas statisch, nur selten bewegte er sich ein paar Schritte von seinem Mikroständer weg. Den Blick meist gesenkt, fast emotionslos die Saiten traktierend, war das fast schon Shoegaze.
Das auch nur wenn ihn seine Mitstreiter anstachelten, die weit energischer unterwegs waren und die ob der Hallengröße ordentlichen Platzverhältnisse nutzten. Vor allem Sebastian Silva drehte regelrecht Pirouetten, wenn er sich hinüber zu Bassist Brandon Hill bewegte. Dass dessen vier Saiten gut im Mix zu hören waren und auch Akzente setzten, förderte die Eighties-Direktive noch mehr. Besonders bei „Summer Lightning“ war er sehr präsent, was die Nummer etwas in die Post Punk-Ecke verortete.

Interessant waren vor allem die Gesangslinien, die Franco mit seinem nöligen Organ intonierte. Da hörte man durchaus mal HEREOS DEL SILENCIO oder NEW MODEL ARMY heraus, wenn auch mit härteren Gitarren. Gerade in getragenen Passage wusste der Mann zu überzeugen, umgarnte die Zuschauer mit seinem Organ. Vornehmlich stammten die Nummern vom aktuellen „Strength“, doch auch das Debüt „Mana“ kam zum Zuge, wie auch das noch unter IDLE HANDS aufgenommene „Can You Hear The Rain“. Schnell waren die 35 Minuten verflogen, in denen sich UNTO OTHERS mehr als Höflichkeitsapplaus erspielen konnten.

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CARCASS
Kurz danach gingen die Briten auf die Bühne, die sich nur wenig verändert hatte. Lediglich vier innenbeleuchtete Würfel, auf denen „CARCASS TV“ stand wurden dort platziert, welche später als Leinwände für Videos und Installationen dienen sollten. Dass diese nicht immer appetitlich ausfielen, erklärt sich bei den Hobbypathologen von selbst. Ob es am zusätzlichen Ballast gelegen hat, dass das Stageacting weniger variabel ausfiel als bei der ersten Band lässt sich nicht sagen, jedenfalls waren keine Positionswechsel zu verzeichnen.

Dennoch sind vor allem die beiden Urgesteine auffällige Persönlichkeiten. Jeff Walker stand ganz weit vorne, seinen Bass immer auf dem Oberschenkel aufgestützt, manchmal nach oben gestellt, dann wieder auf die Zuschauer gerichtet, aber mit dem Korpus ungewöhnlich weit weg vom Körper. Er mag zwar etwas alt aussehen mittlerweile, doch von Altersmilde keine Spur, nach wie vor grunzt kaum jemand tiefer als er.
Bill Steer könnte man glatt mit Doug Aldrich verwechseln, nicht nur von der Haarpracht, sondern auch vom den Bewegungen. Das Tänzeln würden viel eher zu seiner früheren Soloband FIREBIRD passen, was den Vergleich zum Hardrocker nahe legt. Da wurde im Gegensatz zu Tom Draper kaum gebangt, die Mähne eher locker hin und hergeschwungen. Vom Spiel konnte dieser Ansatz interessante Akzente setzen, da er sich auch musikalisch in der Richtung einbringt.

Bei den Soli war der Classic Rock-Hintergrund nicht zu verleugnen, wie er die Töne auf dem Hals entlang zog. Auch der Groove, der später in ihrem Sound Einzug hielt hat da seine Ursprünge. Steer macht da gar keinen Hehl draus und gibt sich so sympathisch authentisch. War der Drummer des Opening Act noch etwas eindimensional, so zeigte Daniel Wilding wie man das gemeinsam genutzte Kit richtig bearbeitet.
Jener Groove kam bei den alten Fans nicht so gut an, die hätten gerne auch grob gehacktes von den ersten beiden Scheiben gehört, die außen vor blieben. Wenigstens gab es für die drei Stücke von „Necroticism: Descanting The Insalubrious“ wie „Corporal Jigsore Quandary“, die denn auch abgefiert wurden. Doch auch Material von „Heartwork“ wie auch taufrische Lieder fanden genügend Abnehmer. Die ganz große Stimmung kam aber nicht auf, so sehr sich auch der dauerplektrenwerfende Walker bemühte.

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BEHEMOTH
In der nun längeren Umbaupause wurde ein Vorhang vor der Bühne hochgezogen, man konnte erahnen, dass man sich showtechnisch so langsam in Richtung der Großen tastet. Als das Licht nach einer halben Stunde ausging erschien Frontmann Nergal hinter dem Vorhang, so wie sein Gesicht in groß auf dem Vorhang, während er beschwörend das Intro zelebrierte. Auch seine Hinterleute wurden in die Schattenspiele eingebunden, welche auf den weißen Stoff projiziert wurden. Als der Vorhang fiel überraschte das vielfarbige Licht, das sehr fotografenfreundlich gehalten war, aber angesichts der früher sehr dunklen Ausleuchtung ungewohnt war.

Egal ob im Hellen oder Dunkeln, die Musik der Vier verströmt immer diese düstere unheilvolle Atmosphäre, die für die nächsten siebzig Minuten über die Zuschauer hinweg fegen würde. Von Beginn an wogten die Riffs mit einem ungeheuren Druck durch das Auditorium, Nergal und Seth ließen die Saiten nur so klirren. Wem das noch nicht reichte, der bekam von den Drums die volle Breitseite. Inferno drosch wie ein Berserker auf das Kit ein, das oben auf den Aufbauten thronte, die wuchtigen Schläge peitschten die Riffs zu einer stürmischen See auf, die alles zu verschlucken schien.

Umgeben war er von den großen schwarzen Aufbauten, welche die Musiker immer wieder erklommen, auch den Drummer ins Geschehen einzubinden. Einmal leuchteten sie die Szenerie mit Fackeln aus, während Nergal vorne wieder beschwörend seine Botschaften verkündete. Natürlich war das Martialische wieder Trumpf, die schweren Stiefel und Rüstungen, die Umhänge wurden oft gewechselt oder auch Mitra aufgetragen. Die Posen erhaben, die Gestik kraftvoll, immer das Spiel mitnehmend. Bei seinen Soli legte sich der Sänger in extreme Verrenkungen, seine Gitarre eng an sich gezogen.

Doch ein wenig lockerten BEHEMOTH das ganz beklemmend Dunkle, wie das Licht so waren auch die Musiker präsenter und versteckten sich nicht hinter der bedeutungsschweren Theatralik. Gerade Bassist Orion rockte teilweise richtig, drehte den Zopf auf seinem Kopf immer wild umher und stand mit breiten Beinen auf den Brettern. Wo sein Frontmann einmal durch den Fotograben huschte setzte er noch einen drauf und stellte sich auf die Absperrung, wo er sich weit in die Menge hinein beugte. Auch auf der Bühne ließ viel Bewegung mehr Bandgefüge entstehen, die Herren zocken nun schon lange zusammen, was am dichten Sound zu hören war.

Da gaben die Zuschauer gerne zurück, wobei Mitklatschen nicht bei jedem gut ankam. Aber in Zeiten, in denen die Livemusik zu kämpfen hat, muss man das Publikum einbinden. Schon beim Opener wurde laut mitskandiert, wobei sich es da fast um das satanische Glaubensbekenntnis handelt, auch sonst war die Landeshauptstadt durchaus textsicher. Kein Wunder dass die Stimmung hier auf ein ganz anderes Level schnellte, die Matten rotierten, die Fäuste wurden gereckt. Ein Pit bildete sich nicht, aber das würde auch nicht passen, zu groß die Kompositionen, die eher Bühne und Auditorium im düsteren Spirit verschmolzen.

Nergal sparte zwar mit Ansagen, die Songs sprachen für sich. Wenn er sich doch zu Wort meldete kamen klare Statements gegen Machtmissbrauch und als Nachbar natürlich blau-gelbe Rauchfackeln. Der Mann geht seinen Weg, ging völlig in seinen künstlerischen Ambitionen auf, wusste sein Publikum zu dirigieren. Vom neuen Longplayer „Opvs Contra Natvram“ stellt er vier Stücke vor, die sich gut ins Set einfügten. Weniger produziert, mit dem lodernden Wahn dargeboten, mit schärferen Äxten rausgehauen kamen sie mehr in den Angriffsmodus. Von der Frühphase kam nichts, „Christians To The Lions“ wurde vermisst, aber von der mittleren Ära, in der sich die heutige Band formte gab es Auszüge.

Egal ob die sechs Saiten wie wild sirrten und alles niedergewalzt wurde oder die großen epischen Refrains ausgepackt wurden, alles wurde unfassbar intensiv von der Rampe geprügelt. Höhepunkt sicher als Gabriel die Hörner der Höllenpforte blies und sich alles der dunklen Messe hingab. Das Hin und Her der Emotionen ließ keine Luft zum Atmen, die Polen nahmen die Halle im Sturm, man konnte nicht anders als mitgerissen werden, zumal sich das Feuer überall ausbreitete. Im extremen Sektor nach wie vor die totale Macht auf der Bühne, durch nichts aufzuhalten und ein ganz schweres Pfund für den Headliner.

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Setlist BEHEMOTH:
Ora Pro Nobis Lucifer
The Deathless Sun
Ov Fire And The Void
Conquer All
Daimonos
Bartzabel
Off To War!
No Sympathy For Fools
Blow Your Trumpets Gabriel
Versvs Christvs
Chant For Eschaton 2000

ARCH ENEMY
Anschließend das selbe Spiel noch einmal, eine sehr lange Pause hinter zugezogenem Vorhang. Der war aber mit unter anderem vielen Bandlogos bemalt und fiel recht schnell als die international besetzte Formation auf die Bretter stürmte. Wobei stürmen genau das richtige Attribut ist, denn hier war endlich viel Bewegung auf der Bühne. Man musste nach BEHEMOTH natürlich etwas bieten, um das Level zu halten. Das fing schon mal bei der kompletten Umdekoration an, die Rampen waren nun aus Gittern, das Kit von Daniel Erlandsson stand nicht mehr so hoch, dafür waren überall Varilights aufgebaut.

Diese Räume beackerte Alissa White-Gluz am umfangreichsten, stand immer wieder oben auf den Stegen, schwenkte riesige Fahnen und war ein Ausbund an Energie. Neben einer kraftvollen Gesangsleistung hätte ihr Stageacting durchaus als Fitnessvideo verkauft werden können. Keine Verrenkung, keine Pose, die sie nicht strapaziert hätte, oft sang sie seitlich zum Publikum und lehnte sich weit nach hinten, was einen tollen Effekt ergab.
In Sachen Publikumskontakt war sie ebenso an vorderster Front und heizte die Menge immer wieder an. Doch irgendwie wollte die Saarlandhalle an dem Abend nicht so auf Temperatur kommen, der geforderte Pit blieb die ganzen siebzig Minuten über aus. Großartig auch wie sie problemlos in verschieden Tonlagen umzuschalten vermochte, wie sie ohne Ansatz von Grunts in die Klarstimme umschaltete war schon beeindruckend.

Auch ihre Nebenleute verdienten sich viel Kilometergeld, Michael Amott und Sharlee D´Angelo suchten oft den Schulterschluss. Der wuchtige Bassist mimte das ganze Set durch den wilden Rocker, was ich auch in ein paar Wochen bei seiner Zweitband von ihm erwarte. Zwar war Jeff Loomis auf der rechten Flanke nicht ganz so umtriebig, doch wenn der Mastermind in die Mitte zu gemeinsamen Zocken bat, war er gerne zur Stelle.
In den Momenten ließen sie immer ihre doppelten Leads vom Stapel, welche wunderbar durch den Raum flirrten. Das Zusammenspiel der beiden ist sicher das Herzstück des Sounds von ARCH ENEMY, was auf der Bühne noch eindrucksvoller belegt wurde. Die beiden Cracks spielten sich ihre Parts mit unglaublicher Sicherheit nur so zu, wobei der Amerikaner bevorzugt die langegezogenen und sphärischen Parts übernahm, Amott die schnellen Fingerübungen.

Auch wenn vom Publikum die große Euphorie nicht ausging, die Energie der Band nicht übersprang, so war es doch lautstark zu vernehmen. Immer wieder wurde mitgesungen, zudem fiel den ARCH ENEMY-Anhängern das Mitklatschen irgendwie leichter, da ging sogar was bei der OhOh“-Begleitung von Riffs. Dazu konnte man beobachten, dass sie empfänglicher für neues Zeug waren, wobei den jüngeren Stücken der Livesound spürbar entgegen kam, und ihnen mehr rohe Kraft verlieh. Bei den Klassikern wurde überraschend auf „We Will Rise“ verzichtet, das hätte man anstelle des langen Outros mit „Fields Of Desolation“ vom Band noch vor 23 Uhr runtergebracht.

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Setlist ARCH ENEMY:
Deceiver, Deceiver
War Eternal
Ravenous
In The Eye Of The Storm
House Of Mirrors
My Apocalypse
Dead Bury Their Dead
The Eagle Flies Alone
Handshake With Hell
Sunsets Over The Empire
As The Pages Burn
Snow Bound
Nemesis

 

Weitere Bilder von der Show gibt es >hier<

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