OPETH - Mannheim

10 opeth mannheim 03Konzert vom 01.10.2025

Support: PAATOS

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OPETH
PAATOS

Im letzten Jahr veröffentlichten die Prog Death-Könige mit „The Last Will And Testament“ ihr sicher ambitioniertestes Werk, mit einer fiktiven Geschichte um eine Familie und einen Kriminalfall. Fünf Jahre lagen zwischen diesem und seinem Vorgänger „In Cauda Venenum“, wobei man sich nach der Pandemie vor allem darum kümmerte das eigene Erbe live um die Welt zu Tragen. Im Prinzip gingen die Tourneen in einander über, denn in den letzten Monaten stellte die aktuelle Scheibe das Epizentrum der Konzerte dar. Mit dem immer wachsenden Anspruch steigt auf die Qualität der Venues, der Mozartsaal im Mannheimer Rosengarten ist schon ein Tempel der Hochkultur, bei dem OPETH von ihren Landsleuten PAATOS supportet wurden.

PAATOS
Bereits eine halbe Stunde nach Einlass stiegen die wiedervereinten einstigen Hoffnungsträger auf die Bretter, während die große Halle noch sehr viel Leere offenbarte. Diese fand sich in deren Musik nicht, dafür sorgte ein warmer Mantel, den die schwebenden Kompositionen um einen legten. Da fiel vor allem der hohe Input von Bassist Ulf Ivarsson auf, nicht dem einzigen Hutträger an dem Abend. Diese permanenten Linien, mal federnd, mal verdreht trugen viel von dem Material, dabei legte der lange Schlacks eine Gelassenheit an den Tag, als ob er nur so nebenbei Bassistenklischees bediene. Er gab oft den Ton der Dynamik an, die sich öfter aufschwang anzuziehen und die Zuschauer in einen hypnotischen Sog zu ziehen.

Da hatte Gitarrist Peter Nylander fast weniger einzubringen, beschränkte sich sein Spiel vor allem auf sphärische Fills. Damit unterstützte er die Songs ganz gut, blieb aber unter seiner Baseballmütze am linken Bühnenrand eher blass. Deutlich mehr Akzente setzte da Mikael Nilzén an den Tasten, die er wie ein Professor bearbeitete. Drei Teile hatte er vor sich aufgebaut, die verhältnismäßig nahe an der Front platziert waren, von denen er speziell seinem Midi-Moog ungewöhnliche Töne entlockte.
Doch auch in sphärischen Momenten wie etwa in „Beyond The Forest“ oder „Won´t Be Coming Back“ waren es seine Flächen, auf denen sich Nylanders cleane Anschläge ausbreiten konnten. Gar ansatzweise jazzig fiel dann „Chemical Escape“ aus, bei dem auch Schlagwerker Ricard Huxflux Nettermalm sich endlich austoben konnte. Wenn seine Breaks den Ton angaben, wähnte man sich bei den Gründervätern der progressiven Spielweise aus den Siebzigern, sonst ordnete er sich eher unter.

Eher alternative Grooves bot er an, wenn das Tempo anzog, etwa dann wenn seine Gattin Petronella in „Ligament“ das Megaphon zur Hand nahm und auch Rylander ein paar Riffs einsteuern konnte. Leider war die Stimme der Frontfrau nicht nur in den Momenten zu aufdringlich, ihr entrückter Gesang wollte irgendwie nicht mit den verträumten Welten harmonieren, die ihre Mitstreiter erschufen. Zu entrückt und überzogen hoch präsentierte sich die Dame, fast wie BJÖRK, was nur im abgedrehten „Gasoline“ passen wollte. Das machte das Material sehr sperrig und die statische Performance des Fünfers war auch nicht unbedingt dazu in der Lage aus dem Publikum mehr als Höflichkeitsapplaus zu entlocken.

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OPETH
Nach gut einer halben Stunde Umbaupause ging es endlich los, und gleich stand das neue Werk im Vordergrund. Jenes ist statt in Songs in Paragraphen unterteilt, von dem drei im Laufe des Abends dargeboten werden sollte, der eröffnende „§1“ markierte auch hier den Auftakt. Beim Setting auf der Bühne immer wieder verblüffend wie groß diese Formation geworden ist, in welche Sphären sie sich bewegt. Gemäß dem Wohnzimmerartigen Artwork entführten auch die Projektionen auf den vielen Screens in altherrschaftliche Räumlichkeiten. Die Bildschirme, welche die Band fast umrahmten trugen auch später viel zur Show bei, gerade die schönen Naturaufnahmen unterstützten die Atmosphäre der Songs.

Mit jener spielte Mikael Åkerfeldt und seine Mitstreiter im Laufe des Gigs immer wieder gekonnt, wobei die Wiederentdeckung der Growls auf „The Last Will And Testament“ nochmal neue Facetten einbrachte. Er hatte sichtlich Spaß an den tiefen Vocals, die er voller Inbrunst darbot. Zwischenzeitlich meinte man, er fühle diese nicht mehr richtig, doch heute bezeichnet er die Scheiben ohne gutturalen Gesang als die wenig geliebten. Das ist angesichts des zu der Zeit steigenden Erfolgs ein wenig Kokettieren, doch einige alte Anhänger nahmen es der Band schon krumm. So war es nicht verwunderlich, dass es von betreffenden vier Langrillen auch nur einen einzigen Titel gab, ich hätte allerdings gerne etwas von „Pale Communio“ mitgenommen.

Aber ist es bei den Schweden überhaupt wichtig, was sie spielen? Vielmehr ist es die Art und Weise, wie sie die komplexen Kompositionen auf die Bühne bringen, damit die Menge richtig steil geht. Wenn sich der Mastermind und Fredrik Åkesson bei ihren Riffs die Finger verknoten, gehen die Matten in den vorderen Reihen rum. Das ist schon große Kunst bei den abgedrehten Tonfolgen noch die Gradlinigkeit reinzukriegen. Doch das war ja nur ein kleiner Teil dessen, was die Herren zu leisten im Stande waren, die Soli waren egal in welcher Intensität brillant, streckenweise versuchten sie sich gar an Twinleads. Wenn das Tempo rausgenommen und man wieder in die verzauberten schwedischen Wälder entführt wurde, konnten die Sechssaiter ebenso glänzen.

Ihr Kollege an den fünf Saiten war nicht weniger versiert unterwegs, musste dabei auch noch dickere Saiten drücken. War das Auftreten der Gitarristen schon ungemein lässig, so stellte sie Martin Mendez noch locker in den Schatten. Auf dem rechten Flügel stand er breitbeinig, und vollführte mit seinem Bass auch die ein oder andere Verrenkung, ohne dabei auch nur einmal eine Miene zu verziehen. Als Rückgrat der Band war der Mann mit dem schlurfenden Schritt stets ein wichtiger Faktor, der dem Material so viel Tiefe verlieh.
Eher am Akzentuieren und Betonen war Waltteri Väyrynen, der hinter seiner Scheißbaude die Sticks nur so kreise ließ. Was der junge Finne anstellte, war einfach atemberaubend, man konnte den Bewegungen seiner Arme kaum folgen, äußerst selten hielt er nur den Takt, und wen brach er staccatohaft aus. So manche Rolls und Fills ließen schon fast selig an Neil Peart denken, wobei der Finne mit noch mehr Punch die Felle gerbte. Dennoch stellte er alles in den Dienst der Songs und untermalte die irren Wendungen seiner Mitmusiker.

Noch breiter in der Palette war Joakim Svalberg aufgestellt, der mittlerweile die Keyboards auf seinem Riser um sich herum platziert. Daher steht er hinten gleichberechtigt auf dem Podest mit seinem Schlagwerker, der metaluntypisch nicht in der Mitte platziert war. Pianoklänge brachte der Mann so leichtgängig rüber wie Synthesizer, ob nun perlend analog oder digitale Flächen. Wurzelt viel von ihrem Stil in den Siebzigern, so hatte er die passenden Geräte am Start. Zwar geht es heute fast nicht mehr ohne ein Gerät aus dem Hause Nord, doch für die Hammond und das Mellotron bediente sich Svalberg originalen Instrumenten. Wie gemacht für diese Soundfülle war die Location, in der viel klassische Musik aufgeführt wird, und präsentierte einen sauberen, detailreichen Klang.

Doch eine OPETH-Show ist nicht nur musikalisch ein Ereignis, Åkerfeldt ist als Frontmann einfach ein echter Typ. Der eigenwillige Stockholmer, der zu Beginn mit Schlapphut auf der Bühne stand, ist seit jeher für seinen trockenen Humor bekannt. Egal was da aus der Menge reingerufen wurde, er fand jedes Mal die passende Antwort, die mit viel Lachen goutiert wurde. Mehrmals fragt er erstaunt wie er wohl mit so einer Musik in so eine Halle komme und gab sich dabei nahbar und kumpelhaft. Jene Nähe machte sich auch in der musikalischen Verbindung zwischen Publikum und Künstler bemerkbar. Es brauchte nicht unbedingt Texte, dass der Mozartsaal mit einstieg, teilweise wurden nur instrumentale Melodien mitgesungen.

Neben den besagten Paragraphen der neuen Scheibe gab es für die Fans ein gekonnter Querschnitt durch das gesamte Schaffen, wobei man vor langen Titeln nicht zurückschreckte. In zwei Stunden waren das verhältnismäßig wenig Lieder, aber jedes für sich ein Fest der Sinne. Einzig von „Deliverance“ gab es noch zwei Stücke, wobei der Titeltrack noch zu ihrem „Freebird“ wird. Ansonsten war man versucht die Karriere irgendwie einigermaßen übersichtlich abzubilden und gleichwohl auf Überraschungen zu setzen. So gab es vom ruhigen „Damnation“ weder „Windowpane“ noch „In My Times Of Need“. Nach zwei Stunden wachte man aus einem intensiven, mitreißenden Traum wieder auf, der sich das Niveau hart erarbeitet hat.

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Setlist OPETH:
§1
Masters Apprentices
The Leper Affinity
§7
The Devil´s Orchard
To Rid The Disease
Night & Silent Water
§3
Heir Apparent
Ghost Of Perdition
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Deliverance

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