H.E.A.T- Aschaffenburg

10 heat aschaffenburg 01Konzert vom 16.10.2025

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MIDNIGHT DANGER
FORMOSA

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FORMOSA
MIDNIGHT DANGER

Die Speerspitze der jungen schwedischen Hair Metalgarde eilt von Erfolg zu Erfolg, mit „Welcome To The Future“ hat sie eines ihrer stärksten Alben veröffentlicht. Kenny Leckremo ist nach seiner Rückkehr fest in der Truppe verankert, die in ihrer Heimat auch viele andere inspiriert. Mit dem nunmehr achten Longplayer im Gepäck sind H.E.A.T nun in Europa unterwegs, wo sie die Clubs richtig gut füllen, auch der Aschaffenburger Colos-Saal war sehr kuschelig an dem Abend. Auf den Tross sind mit ihren Landsleuten MIDNIGHT DANGER noch die deutschen Hard Rocker FORMOSA aufgesprungen, FFM-ROCK ließ sich das Spektakel nicht entgehen.

MIDNIGHT DANGER
Als um 19:30 Uhr das erste Mal das Licht erlosch standen ein Schlagzeig mit vielen Pentagrammen geziert und ein Synthesizerpodest weit vorne positioniert, während ein mystisches Introtape etwas verkündete. Joakim Tennfors erschien mit grellbunter Perücke und Horrormaske, kreuzte seine neongelben Sticks, sein Kit war ähnlich illuminiert und ließ das Auditorium sprachlos zurück. Auch weil er mit einem Beat loslegte, der doch weit entfernt war von den zu erwartenden vier Vierteln. Dabei nickte sein Kopf die ganze Zeit genauso hektisch wie sein Spiel, dazwischen blieb immer Zeit für ein paar große Gesten.

Zwar hatte sich der namensgebende Gitarrist eine Jackson Flying V umgeschnallt, waren auch seine Beiträge nicht unbedingt passend zum Thema des Abends. Optisch wäre er mit seiner Tuffmähne in der Zeit, welche die Headliner wiederaufleben lassen nicht aufgefallen, und wenn man ehrlich ist musikalisch auch nicht. Bloß kam hier das Mehr an Klängen aus den beiden Tastengeräten, die noch unbenutzt herumstanden, und etliche Loops abspulten.
Rhythmisch war das nicht uninteressant, wie sich die elektronischen Beats mit den fiebrigen Drums vermengten, das Tanzbein wurde jedoch mehr angesprochen als die Nackenmuskulatur. Der Sequenzer blubberte munter vor sich hin und entführte in die Discotempel der Achtziger, wie die gesamte Ästhetik. Aus den sechs Saiten förderte der Frontmann, wenn man ihn denn so nennen möchte eher sphärische Flächen hervor, welche die Beats umspülten.

Begab er sich dann hinter seine Tastenburg entlockte er seinem Roland-Synth ebensolche Klangwelten, typische Achtziger-Soundscapes, die durch den Raum glitten. Mal perlte es fein herab, dann schwebte es durch den Raum oder ließ ein wenig Zuckerguss über sich träufeln. Das waren die Momente, in denen man sich mit Sänger und erdigerer Rhythm Section etwas vorstellen konnte, dass zum Rest des Programms passen könnte.
Darauf wurde komplett verzichtet, ebenso wie auf Ansagen oder Songtitel, nicht einmal eine Setlist lag aus, weswegen der Verfasser dieser Zeilen auch nichts Verwertbares liefern kann. Die Klanglandschaften flossen so ineinander über, dass man es gar nicht mitbekam, dass die zum Fotografieren erlaubten drei Titel schon vorbei seien. Auch die geringe Bindung zum Publikum und theatralische Show sollten wohl den kryptischen Charakter unterstreichen.

Kein Wunder, dass die Zuschauer auch eher mit Verwunderung reagierten und nicht so recht wussten, was sie davon halten sollten. So gingen die Meinungen zwischen interessant und grausam weit auseinander. Ich kann mit solch ambienter Elektronik durchaus was anfangen, aber bitte dann manch Solo mit der Axt spielen und nicht vom gesampelten Saxophon runterleiern lassen. Dann eben lieber mehr Tastenzauber der sich durchaus hören lassen konnte, wenn es schön herum flirrte. Worauf MIDNIGHT DANGER hinaus wollten, wurde mir jedoch nicht klar, das Konzept von GHOST auf die Spitze treiben oder die Hair Metal-Variante von JEAN MICHEL JARRE etablieren?

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FORMOSA
Von ganz anderem Kaliber waren da schon die Dortmunder, nicht zuletzt weil sie musikalisch mehr den Nerv der Anwesenden trafen. Das erste rockige Riff des Openers „Living On The Blade“ war für einige schon so etwas wie eine Erlösung. Das kam jedoch vom Ersatzgitarristen, weil der etatmäßige Saitendehner Nik Beer für diese Tour passen musste. Davon merkte man sehr wenig, weil der Mann spielerisch und von der Energie voll integriert wurde.
Auch optisch fiel er mit Schnauzer und seinen an der Seite abrasierten Locken nicht aus dem Raster. Wobei man über die Frisuren schon reden musste, denn sowas kenne ich von den Klassenkameraden meiner Teenie-Tochter. Wirklich Rock´n´Roll war das nicht, den aktuell wieder modernen Vokuhila trieb Sänger Nik Bird auf die Spitze. Es gab in den Achtzigern viele tolle Sachen, leider kommen derzeit nur solch fragwürdige Trends zurück, da war ihre Musik schon ansprechender.

Es war klar zu hören, dass man einst als Power-Trio angefangen hat, diese rohe Power bringt man bei den Kompositionen ideal rüber. Das ging ohne Schnörkel nach vorne, keine langen Intros oder Soli, alles direkt auf die Zwölf. Was auch für das Stageacting galt, denn das Quartett stand kaum still, gebärdete sich wie Berserker auf der Bühne. Lukas Bierbrauer musste mit seinem Langholz aufpassen seinen Aushilfsgitarristen nicht über den Haufen zu rennen. Der bullige Bassist drehte Pirouetten und sprang wild umher, Frontmann Bird war ebenfalls nicht zu halten, war mit raumgreifenden Posen unterwegs und suchte stets den Kontakt zum Publikum.

Jener war schon mit dem zweiten Lied „Horns Up“ sehr eng, weswegen viele dem musikalischen Aufruf nachkamen und die Hände in die Luft rissen. Von der Pommesgabel ging es ohne Umschweife zur Faust, welche zu „Power To The Fist“ gereckt wurde. Der gute Nik hatte keine Mühe die Meute auf seine Seite zu ziehen und erntete da schon einige Singalongs. Stimmlich schaffte er es auch mal in Höhen, welche vor der Bühne zumindest niemand sicher stehen konnte. Damit sich die Zuschauer auch gut hören reckte Bierbrauer immer wieder seinen Mikrofonständer über diese, während sie die simplen und effektiven Refrains skandierten.

Der kraftvolle Gig wurde durch das sympathische Auftreten der Jungs veredelt, die einfach natürlich rüberkamen. Hinten trieb Paris Jay unermüdlich an, der Einzige, der mit standesgemäßer Matte aufwartete. Wie schon beim Support Gig im April für MASSIVE WAGGONS stand das jüngste Album „Pyrite“ im Mittelpunkt des Sets, darunter das metallische „No Warriors“. Auch von dessen Vorgänger „Bittersweet“ gab es unter anderem mit den beiden ersten Tunes des Abends einige Sachen zu hören.
Außen vor im Programm blieben die beiden ersten Scheiben, von „Danger Zone“ gab es mit „Manic Lover“ nur einen Auszug. Mit dem nahmen FORMOSA auch mal das Tempo etwas heraus, zeigten mehr Feeling, zu dem sich der Frontmann einen Federumhang überwarf. So war der Colos-Saal nach einer dreiviertel Stunde bestens aufgewärmt, die Vier aus dem Pott haben sich in Unterfranken auf jeden Fall viele neue Freunde gemacht.

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H.E.A.T
Die wuchtigen Mikrofonständer standen schon, Schlagzeug und das in Traversen eingegliederte Keyboard waren auf den Flanken des Risers enthüllt. Doch die Schweden gönnten ihren Fans nach dem Arschtritt noch eine kleine Pause. Wie beim ersten Act verkündete ein Introtape, dass es nun zurück in die Zukunft ginge. Von besagtem neuen Album gab es den Opener, zu dessen Gesangseinsatz Kenny Leckremo auf die Bühne gesprintet kam.
Wie immer gab er mit knallengen Spandexhosen, Lederjacke und irgendeinem shirtähnlichen Fetzen den ultimativen Rockstar, Nietengürtel und Ketten inklusive. Überhaupt war seine Performance wieder absolut irre, dass die Instrumente auf dem Riser so weit auseinander standen war alleine seinem Bewegungsdrang geschuldet, immer wieder erklomm er diesen, um die ganze Klaviatur an Posen zu mimen. Runter ging es meist im Sprung, wenn es sein musste landete der gute Kenny auf den Knien und sang dort sich weiter.

So energisch gebar sich auch Bassist Jimmy Jay, der ständig in sehr weitem Schritt dastand und seine Mähne schüttelte. Sobald er aufblickte taxierte er sofort die Zuschauer, den Kontakt hielt er die ganze Zeit über. Selbst wenn seine Stimme für die Backings gebraucht wurde, zu denen er sich dann aufrichten musste. Jeden vakanten Raum nutzend war er in den Pausen zwischen diesen Einsätzen überall zu finden, sei es bei den beiden Jungs hinten oder beim Positionswechsel mit Dave Dalone.
Wie es der Sechssaiter schaffte, bei all dem Bewegungsdrang und seinem Posing während der Soli den Hut aufzubehalten, muss er mir mal in einer ruhigen Minute erklären. Sein Entertainment war wieder großes Kino, wie lässig er die knackigen Riffs raushaute war einfach umwerfend. Für seine Solodarbietungen durfte er stets ganz nach vorne, wo er das gesamte Arsenal von warmen langen Tönen, über irre Gimmicks bis hin zu Flitzfingerattacken aufbot.

Im Klangbild ging hinter ihm Jona Tee etwas unter, als mehr denn Untermalung war der Tastenmann selten wahrzunehmen. Da hätte man vom neuen Werk vielleicht „The End“ ins Programm packen können, bei dem sein Piano prominent auftaucht. Wenigstens bei einem Auszug von „Welcome To The Future“ konnte er im Duell mit Dalone beweisen, was in ihm steckt. Da donnerte Don Crash schon deutlich markanter durch den Saal, seine knalligen Breaks trieben die Stücke so unfassbar nach vorne.
Zudem brachte er die noch mit kreisenden Sticks spektakulär rüber, die Arme rotierten nur mit raumgreifenden Schwingen. Sogar von hinter der Scheißbude aus suchte der Beau den Kontakt zu seinen Anhängern. Ich muss zugeben, dass ich die Lobpreisungen von Leckremo als schönster Schlagzeuger der Welt nicht widersprechen kann. Ganz das Rampenlicht genoss er, als man ihm einen Solospot zugestand, in welchem er viel mit dem Publikum interagierte.

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Seiner Wirkung bewusst bekam er die Reaktionen, wie auch der Sänger bei ihren Animationen. Egal wie sehr Aschaffenburg gefordert wurde, es konnte vom Pegel immer noch einen draufsetzen. Kein Wunder wenn die Meute so in Wallung gebracht wurde von einem ganzen Strauß Hair Metal-Hymnen, mal stampfend, mal rockig, und immer geradeaus. Man spürte förmlich wie die Spielfreude auf die Anhänger rüber schwappte, da gingen alle Hände nach oben und die Publikumsgesänge übertrafen noch den Jubel an Lautstärke. Man darf jedoch nicht verhehlen, dass H.E.A.T-Shows zwar sehr intensiv sind, aber nicht die längsten.

Man erinnert sich noch an Zeiten, in denen neue Alben fast komplett runtergezockt wurden. An dem Abend blieb es bei drei Stücken, unter denen „Rock Bottom“ oder „Bad Time For Love“ durchaus fehlten. Dennoch gelang ein guter Querschnitt durch ihr Werk, lediglich vom überproduzierten „Into The Great Unknown“ gab es keine Kostprobe, und Ozzy zu huldigen wurde ebenfalls nicht verpasst. Da zündete ohnehin jeder Kracher, der von der Rampe gehauen wurde und mit zwei Supports im Gepäck war am Ende jeder erschöpft und glücklich. Eigentlich gehört sowas ins Stadion, bei vielen Festivals haben die Fünf bewiesen, dass sie locker die großen Bühnen füllen können.

Setlist H.E.A.T
Disaster
Emergency
Dangerous
Hollywood
Rise
Nationwide
Losing Game
Cry
Beg Beg Beg/War Pigs
-Drum Solo-
Back To The Rhythm
Running To You
Living On The Run
1000 Miles
One By One
One Shot At Redemption

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