SwedenRock Festival - Sölvesborg - Fazit:

Beitragsseiten

Fazit:
Was hörten wir Horrorszenarien bezüglich des Wetters, wie katastrophal waren die Vorhersagen eine Woche zuvor. Mit jedem Tag, wo das Festival näher rückte wurden sie besser, die Regentage variierten je nach Quelle, wurden aber weniger. Am Ende gab es jeden Mittag einen Nieselschauer, der viele Wolken gegen die hochstehende Sonne mit sich brachte, mehr nicht, irgendwer scheint das Event zu lieben.

Es war wie Heimkommen, endlich nach drei Jahren, aber es war als käme man heim zur Familie. Ja, SwedenRock ist Familie, trotz der Größe traf man vertraute Gesichter wieder, manche Security stand immer noch auf dem Platz, an dem sie die Jahre zuvor stand, vieles hatte sich nicht verändert. Das erleichterte es sich hier fallen zu lassen, und die Ereignisse der letzten Jahre, vielleicht auch die Angst abzuschütteln. Auch das freundliche Wesen der Schweden, hier geht jeder mit einem Lächeln über das Gelände, auch die arbeiten müssen. Die Stimmung hier ist etwas ganz Besonderes, so friedlich, so ungezwungen aber nie völlig überdreht. So mag man keine Crowdsurfer oder massive Pits, spendet lieber laut Applaus und singt mit. Es wird alles getan, damit sich die Zuschauer rundum wohlfühlen.

Das fängt schon damit an, dass die Leute Campingstühle mit rein nehmen dürfen. In dem weitläufigen Gelände findet sich genug Platz, um sich gemütlich hinzusetzen, gerne auch in Reihen wie im Kino zwischen Rock Stage und Festivals Stage. Wenn ein Konzert zu Ende ist und die Massen zur nächsten Bühne strömen kommt sofort das Kehrteam und räumt den groben Dreck weg. Dabei haben die Jungs und Mädels ihren Spaß, man erwischt einige, die auf dem Fächerrechen Luftgitarre spielen. Was hierzulande für Kontroversen sorgen dürfte ist das Rauchverbot auf dem Gelände, hierfür wurden nur ein paar Zonen eingerichtet. Ich habe mir sagen lassen, dass dies in Schweden gesetzliche Vorschrift sei.
Wegen der Gesundheit findet man auf dem SwedenRock auch keine Toilettenboxen mehr. Alles läuft hier über Spültoiletten, von denen sich an jeder Bühne welche in Reichweite befinden. Auch auf den Campingplätzen ist die Sanitärsituation hervorragend, es stehen ausreichend Duschen und Spültoiletten zur Verfügung. Dazu hat man die Auswahl zwischen den nahen, eher Party-mäßigen Campingplätzen und ruhigen kleineren um das ganze Gelände herum.

Dazu werden überall Hütten und Häuser angeboten, manche zelten dort auch im Garten. Durch die kompakte Verteilung gibt es nirgends lange Wege zu gehen, das Gelände ist von überall in zwanzig Minuten zu erreichen. Ich zog es vor auf dem ganzjährigen Tredenborgs Camping im Süden der Stadt zu übernachten und täglich hinzufahren. Da man in Mission auf dem Festival wenig Zeit zum Essen findet, nutzte ich den Vorteil einer fest installierten Küche.
Was alle Unterkünfte ebenso eint ist die Nähe zum Meer, überall sah man Headbanger bei den doch angenehm warmen Temperaturen ein kurzes Bad darin nehmen. Hauptanziehungspunkt war wie immer der Strandbiergarten am Norje Boke Campingplatz direkt neben dem Gelände. Am zweiten Tag nutzte ich die sich bietenden Möglichkeit und warf mich in die Fluten. Hier hatte das Tredenborgs Camping einen eigenen Steg, von dem man bequem ins Wasser gelangen konnte. Soll übrigens die Nackenmuskulatur entspannen, was bitter nötig ist. Und wer nicht ins Wasser will, der genießt zumindest das herrliche Panorama, das teilweise vom Konzert aus möglich ist.

06 impressionen 2022 02
Photo mit freundlicher Genehmigung von David Fhärm

Ebenfalls immer hervor gehoben werden muss die Essensauswahl auf dem Gelände, die vielfältiger nicht sein könnte. Kaum eine Nationalküche, die nicht vertreten wäre. Sei es amerikanisch, thailändisch, chinesisch, ungarisch, kroatisch, italienisch, mexikanisch, belgisch, deutsch, französisch, griechisch sowie selbstredend die nationale schwedische Küche mit Leckereien wie Kroppkakor. Von den Portionen immer ausreichend bis hin zu ganzen Pizzen im Karton hielten sich Preise und Wartezeiten ebenso in Grenzen. An Getränken fand sich eine ebenso reichhaltige Auswahl, zumal Trinkwasser überall gratis zu zapfen war. Ganz viel Mühe machten sich die Stände bei den Süßspeisen, die reichhaltig dekoriert waren. Zum ganzen Glück fehlt mir leider immer noch frisches Obst, was ich schon öfter angesprochen habe, wie ich es schon anderswo auf Festivals erlebt habe.

Dass Vielfalt Trumpf ist sieht man auch alljährlich bei der Bandauswahl, welche in diesem Jahr wieder das ganze Spektrum von Punk bis Prog, von Blues bis Extrem Metal, vom Power Trio bis zur Big Band abbildete. Da die Veranstalter bemüht sind, bei parallel stattfindenden Konzerten stilistisch eher gegensätzliche Acts zu platzieren hielten sich die Überschneidungen in Grenzen, konnten aber nicht ganz vermieden werden. Bis auf die ersten Künstler des Tages bekommt auch jede eine Stunde Spielzeit, was für einige kleinere Bands schon eine Chance war.
Größere Gruppen konnten bei eineinhalb Stunden schon fast ihr ganzes reguläres Programm abziehen. Die langen Umbaupausen eröffneten zudem die Möglichkeit auf den Bühnen die komplette Produktion aufzustellen, mit all den Rampen, speziellem Licht, Requisiten und Pyros. So kam der Zuschauer tatsächlich oft in den Genuss ganzer Showcases, die sonst den Tourkonzerten vorbehalten sind. Negativ muss man jedoch anmerken, dass der Sound nicht immer so gut war wie gewohnt, da musste man scheinbar nach drei Jahren wieder reinfinden.

Besonders auf der Rock Stage war das Klangbild dumpf, weiter außen schon grenzwertig. Was öfter zum Einsatz kommen sollte war die neue Rampe ins Publikum, welche nur am Donnerstag vor der Hautpbühne aufgebaut war. Im Gegensatz zu früheren Jahren war diese abschüssig, so dass man ganz vorne unten fast auf Augenhöhe mit dem Zuschauern stand. Für die Fankommunikation Gold wert, eröffnete sie den Fotografen ebenso neue Blickwinkel.
Ebenso kultig sind die Ansagen von vielen Shows, für welche die Radiomoderatoren Melker Becker und Mattias Lindblad sowie der Filmkritiker Ronny Svensson, alle selbst Fans auf die Bühne kommen. Letztgenannter tritt immer in ulkigen Hawaii-Hemden auf, während die beiden anderen als Duo im Hipsteroutfit daher kommen. Ich verstehe zwar nicht, was die Herren erzählen, die Lacher haben sie auf ihrer Seite. Vor allem weil das Radio-Doppel ihr Publikum herrlich ironisch mit "Satan´s People" begrüßt.

06 impressionen 2022 03
Foto mit freundlicher Genehmigung von David Fhärm

Wie immer hebe ich mir die Security als Letztes auf, weil diese Menschen den großen Unterschied zu anderen Festivals machen. Wo hierzulande Securities immer meinen, sie müssten die Fans maßregeln, fast schon erziehen, sehe die Beschäftigten sich als Personal, das für die Zuschauer sorgt. Henrik, der Kopf des Silja Stage-Teams erzählte mir, dass es ihn froh macht, für andere da sein zu können, das merkte man dem gesamten Team an. Ob nun Sven an der Rock Stage, Kevin an der Festival Stage oder Johan, der Chief der Rockklassiker Stage, sie alle waren immer sehr freundlich und hilfsbereit.
Das fängt schon an, dass während den Konzerten immer Trinkwasser an die ersten Reihen gereicht wurde. Hier hatten die Leute im Graben ein Auge dafür, wer nun am meisten schwitzte und boten es da öfter an. Auch bei kleinen Verfehlungen wie beim Partner auf den Schultern sitzen gab es keine große Standpauke, sondern eine nette Bitte, das zu unterlassen. Da leistet man lieber Folge, als wenn es von oben herab diktiert werden würde. Respekt muss auf beiden Seiten vorhanden sein, und den erarbeitete man sich auf dem Festival über Jahre hinweg, so dass es ein wunderbares Miteinander ist.

Es tut den Security auch gut, wenn sie sehen, wie sehr die Leute Spaß haben, weil sie auch wissen, dass in jedem Falle für sie gesorgt werden würde. Auch selbst schienen einige Spaß an der Musik zu haben, manchmal ging der Kopf schon rum oder wurde mitgesungen. Nun ist das aber keinesfalls eine Spaß-Security, schon der Wechsel an den Positionen zeigte die Disziplin, mit der zu Werke gegangen wurde. Und sie können auch anders, wenn wirklich jemand jegliche Regeln des gesitteten Zusammenlebens ignoriert. Da gab es schonmal Applaus von der Meute auf der anderen Seite des Zauns.
Was am meisten beeindruckt ist deren Aufmerksamkeit, einer jungen Frau fielen während GUNS ´N´ ROSES die Augen zu, obwohl sie in der siebten oder achten Reihe stand fiel das der Security auf - mitten in der Nacht. Dann wurde auch nett nachgefragt, ob alles in Ordnung sei und sie etwas trinken wolle. Viel zu tun hatten sie nicht, so fielen sie kaum auf, hatten aber wie die Ordnungskräfte eine beruhigende Präsenz.
Wenn ich das Ehepaar Todd und Linda, welche die Security an der Hauptbühne koordinieren sehe, wie sie locker an den Boxen lehnen, und dem Treiben zuschauen, dann ist die Welt in Ordnung. Dann weiß ich, dass es in einer immer mehr aus den Fugen geratenden Welt einen Rückzugsort gibt, wo man alles hinter sich lassen kann. Ihr findet ihn auf dem SwedenRock!

06 impressionen 2022 01


Alle Fotos, sofern nicht anders vermerkt, von Rainer Petry.


Weitere Fotos vom Sweden Rock gibt es >hier<

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.